"Ich glaube, dass Frauen dem Handwerk gut tun"


Julia Eisenbarth arbeitet als Malerin in einer nach wie vor von Männern dominierten Branche. Mittlerweile hat die 30-Jährige ihre Meisterprüfung abgelegt. Sie ist bei Farben Gropper in
Bad Wurzach tätig, wo sie auch ihre Ausbildung absolvierte.

BTH Heimtex: Wie sind Sie ich auf die Idee gekommen, eine Ausbildung zur Malerin zu machen?

Julia Eisenbarth: Als ich noch zur Schule ging, wusste ich schon, dass ein Beruf im Büro nichts für mich ist. Ich wollte mein Geld mit meinen Händen verdienen. Meinen ersten Versuch startete ich im sozialen Bereich, im Krankenhaus. Doch schon nach kurzer Zeit wusste ich, dass auch das nichts für mich ist. Also hab ich mich im Handwerk umgeschaut und zur engeren Wahl stand Maler oder Schreiner. Bei einem Maler durfte ich dann ein Praktikum machen und danach war für mich klar: Ich möchte Malerin werden.

BTH Heimtex: Was reizt Sie an diesem Beruf?

Eisenbarth: Ich liebe es, jeden Tag aufzustehen und zu wissen, nicht immer in dasselbe Büro oder dieselbe Industriehalle gehen zu müssen, dafür jeden Tag aufs Neue woanders zu sein und etwas anderes zu sehen. Im Sommer kann ich draußen sein und im Winter drinnen. Es ist schön, den Menschen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, wenn ich mit ihrer Baustelle fertig bin und alles so aussieht wie sie es sich gewünscht haben. Dieser Beruf ist so abwechslungsreich. Angefangen von den Untergrundvorbereitungen bis zur Fertigstellung von ungewöhnlichen Oberflächen. Mich reizt, mit dem erlernten Wissen auch selbst kreative Vorschläge zu machen und den Kunden zu beraten.

BTH Heimtex: Arbeiten Malerinnen anders als Maler?

Eisenbarth: Ja, Frauen arbeiten meist anders als Männer, aber nicht besser. Frauen haben eine andere Art, Dinge zu betrachten. Und sie legen häufig mehr Wert auf Genauigkeit. Sie haben oft auch den besseren Draht zum Kunden, können sich besser in ihn hineinversetzen. Dafür sind sie den Männern körperlich unterlegen. Insgesamt gibt es Arbeiten, die Frauen besser erledigen, und solche, die Männer besser können. Ich glaube, dass Frauen dem Handwerk gut tun.

BTH Heimtex: Wie kommen Sie in dem nach wie vor von Männern dominierten Beruf klar?

Eisenberth: Super, ich kann mich nicht über meine männlichen Kollegen im Betrieb oder auch auf den Baustellen beschweren. Ich werde voll und ganz akzeptiert, auch als Meisterin, die sagt, was wann und wo zu tun ist. Das war allerdings nicht immer so. Ich bin in meiner Malerlaufbahn auch schon in andere Situationen gekommen; aber ich ließ mich bis jetzt nicht klein kriegen. Als Frau im Handwerk muss man ein bisschen robust sein, nicht nur körperlich, sondern auch menschlich. Denn die Arbeit ist schwer und der Umgangston nicht immer ganz fröhlich.

BTH Heimtex: Welche Arbeiten übernehmen sie am liebsten?

Eisenbarth: Ich habe gern Kontakt zum Kunden vor Ort. Natürlich mag ich die Gestaltung von besonderen Oberflächen. Aber ich übernehme auch gern die Untergrundvorbereitungen. Zwischendurch mag ich auch Aufmaß und Kalkulation. Abwechslung finde ich toll.

BTH Heimtex: Inwieweit hat sich Ihre Arbeit verändert, seit Sie Meisterin sind?

Eisenbarht: Jetzt habe ich noch engeren Kontakt zum Kunden. Ich mache selbstständig Aufmaße und Kalkulationen, arbeite meine Baustellen selbstständig ab, treffe eigene Entscheidungen und stehe auch für sie gerade. Außerdem teile ich meinen Kollegen Arbeit zu.

BTH Heimtex: Werden Sie von der Firma Gropper unterstützt, bei der Sie ja schon Ihre Ausbildung absolviert haben?

Eisenbarth: Ja, ich bekomme den Rückhalt, den ich als frische Meisterin brauche. Ich werde langsam an die Arbeit als Meisterin heran geführt und nicht einfach ins kalte Wasser geworfen. Dafür bin ich sehr dankbar. Bei Fragen steht mir mein Chef mit Rat und Tat zur Seite.

BTH Heimtex: Welche Ziele haben Sie?

Eisenbarth: Zuerst möchte ich eine gute Führungskraft werden. Mein Ziel ist es, das Handwerk wieder nach vorne zu bringen, das Image des Malers wieder zu verbessern. Handwerker sollten wieder stolz darauf sein, dass sie Handwerker sind. Eventuell möchte ich auch mal einen eigenen Betrieb führen und die Verantwortung für ein tolles Team übernehmen.

Die Fragen stellte Cornelia Küsel. |cornelia.kuesel@snfachpresse.de
"Ich glaube, dass Frauen dem Handwerk gut tun"
Foto/Grafik: Eisenbarth
Julia Eisenbarth liebt die Abwechslung, die der Malerberuf ihr bietet.
"Ich glaube, dass Frauen dem Handwerk gut tun"
Foto/Grafik: Eisenbarth
Die 30-jährige Julia Eisenbarth ist mit Leib und Seele Malerin. Sie hat kürzlich ihre Meisterprüfung abgelegt, worauf sie sehr stolz ist.
aus BTH Heimtex 02/21 (Handwerk)