Fachanwalt Andreas Becker informiert: So werden Formblätter korrekt ausgefüllt

Für jeden öffentlichen Auftrag müssen Formblätter zur Preisermittlung (Nr. 221 - 223) ausgefüllt werden. Damit der Handwerker dabei keine Fehler macht, geben Fachanwalt Andreas Becker und Betriebswirt Wolfgang Krauß im Folgenden wertvolle Tipps und verraten, was alles zu beachten ist.

Die Formblätter zur Preisermittlung Nr. 221 - 223 dienen einer sachgerechten Angebotswertung und somit der Durchsetzung der Vergabegrundsätze der VOB/A. Im Vordergrund steht dabei vor allem die Verhinderung der Abgabe unrealistischer "Billigangebote" unter der Prämisse "Leistung und Qualität vor Preis". Früher waren diese Formblätter unter dem Namen "Einheitliche Formblätter Preis" oder "EFB Preis" bekannt. Inhaltlich ergibt sich zu den heutigen Formblättern zur Preisermittlung aber kein Unterschied. Für gewöhnlich wird die Ausfüllung der Formblätter dann gefordert, wenn die voraussichtliche Auftragssumme 50.000 EUR übersteigt.

Die Formblätter 221 und 222 unterscheiden sich inhaltlich nur in ihrer Art der Kalkulation (nach Zuschlägen oder Endsummen). Meist schickt der Auftraggeber eines der beiden Blätter zusammen mit dem Blatt Nr. 223 zu. Es ist jedoch auch möglich, dass der Auftraggeber alle drei Formblätter herausgibt. Dann ist neben Blatt Nr. 223 (immer auszufüllen!) in der Regel eines der beiden anderen Kalkulationsblätter nach Wahl des Auftragnehmers einzureichen, abhängig von der jeweiligen Kalkulationsvorgehensweise im Betrieb des Auftragnehmers.

Welche Formblätter erforderlich sind, ergibt sind aus §§ 16 - 16d VOB/A, in denen Ausschluss, Eignung, Prüfung und Wertung der abgegebenen Angebote geregelt sind. Nach § 16 I VOB/A müssen die eingereichten Unterlagen vollständig fristgerecht eingereicht werden und dürfen keine vorsätzlich unzutreffenden Erklärungen enthalten. Verlangt der Auftraggeber also die Abgabe der Formblätter zur Preisermittlung, müssen auch diese mit Ablauf der Frist vollständig und korrekt ausgefüllt eingereicht werden.

Inhaltsüberblick

Inhaltlich geht es dem Auftraggeber einerseits um die Angebots(end)summe und andererseits um die Aufschlüsselung der einzelnen Kalkulationsposten, wie beispielsweise Einzelpreise, Mengen bzw. Zeitaufwand, Zuschläge für sonstige anfallende Kosten oder Lohn- und Gerätekosten. Diese werden den jeweiligen Abschnitten 1 - 3 der Formblätter zugeordnet, separat berechnet und bilden so die Angebotssumme.

Tipp: Die nachfolgenden Erläuterungen sollen das Verständnis für die korrekte Ausfüllung erleichtern. Es empfiehlt sich aber, ein Muster der Formblätter (z. B. von einem potenziellen Auftraggeber) bei der Lektüre hinzuzuziehen, um die Erläuterungen direkt am praktischen Beispiel nachvollziehen zu können.

Angaben über Verrechnungslohn

Im Abschnitt 1 müssen Angaben dazu gemacht werden, wie sich der Verrechnungslohn zusammensetzt. Der Verrechnungslohn ist der Preis je Arbeitsstunde, der auf Grundlage des sog. Mittellohns errechnet wird.

Mittellohn: Der Mittellohn ergibt sich aus den durchschnittlichen Löhnen und Gehältern der unmittelbar an der angebotenen Bauleistung beteiligten Personen. Dabei sind vom Meister bis zum Auszubildenden alle eingesetzten Arbeitskräfte zu berücksichtigen. Für Auszubildende ist jedoch zu beachten, dass ihr Gehalt je nach Lehrjahr nur anteilig einbezogen werden darf. Beispiel: Ermittlung des durchschnittlichen Lohns eines Meisters, multipliziert mit der Anzahl der für das konkrete Projekt eingesetzten Meister.

Sozialkosten: Hier sind alle gesetzlich, tariflich und freiwillig zu zahlenden Sozialleistungen anzugeben. Die Angaben erfolgen prozentual vom Mittellohn sowie in EUR pro Stunde.
Lohnnebenkosten: Unter Lohnnebenkosten fallen Angaben zu Unterkunfts-, Anfahrts-, Wochenendheimfahrts- und ähnliche Kosten.

Kalkulationslohn: Der Kalkulationslohn setzt sich zusammen aus dem eben berechneten Mittellohn und den Sozialkosten.

Allgemeine Geschäftskosten: Die Allgemeinen Geschäftskosten beinhalten zum einen die Baustellengemeinkosten und zum anderen die sonstigen Gemeinkosten (z. B. Verwaltung, Post etc.)

Zwischensumme: Aus den Ergebnisposten der Lohnnebenkosten, des Kalkulationslohns und allgemeinen Geschäftskosten muss im Anschluss eine Zwischensumme gebildet und ausgewiesen werden.

Wagnis und Gewinn: Schließlich kann der Auftragnehmer noch einen Aufschlag für Wagnis und Gewinn in den Verrechnungslohn einrechnen. Dieser ergibt sich aus seinen Selbstkosten und einem Zuschlag.

Ergebnis Verrechnungslohn: Aus der oben gebildeten Zwischensumme und dem Posten "Wagnis und Gewinn" ergibt sich durch Addition der endgültige Verrechnungslohn, also der Stundenlohnpreis.

Zuschläge

Der nächste zu berechnende Oberpunkt sind die Zuschläge. Hierher gehören die sog. Stoffgemeinkosten, die allgemeinen Geschäftskosten sowie ein Zuschlag für Wagnis und Gewinn. Diese drei Gruppen sind jeweils getrennt für Stoffe, sonstige Kosten und Nachunternehmerleistungen zu ermitteln. Dabei ist zu beachten, dass hier nur noch solche Kosten auftauchen dürfen, die noch nicht bei der Berechnung des Verrechnungslohns herangezogen wurden. Eine doppelte Abrechnung von Kosten ist also zwingend zu vermeiden.

Stoffgemeinkosten sind die werkstoffabhängigen Kosten, beispielsweise Lager- oder Transportkosten. Also solche Kosten, die sich im Zusammenhang mit den Baustoffen ergeben. In der Regel sind in diesem Zusammenhang auch bereits die allgemeinen Geschäftskosten erfasst (sofern sie nicht ohnehin schon als Gesamtposten im Rahmen des Verrechnungslohns ausgewiesen wurden). Bestehen allerdings Kosten für Nachunternehmerleistungen, sind die allgemeinen Geschäftskosten der richtige Ort, um die für diese Leistungen anfallenden allgemeinen Geschäftskosten auszuweisen. Die Kosten für Nachunternehmerleistungen selbst werden erst im Rahmen der Ermittlung der Angebotssumme ausgewiesen (siehe unten). Ob ein zusätzlicher Zuschlag für Wagnis und Gewinn eingepreist werden kann, ist branchenabhängig und sollte vom Unternehmer vor Ausfüllen der Formblätter abgeklärt werden. Aus den jeweiligen Einzelsummen der drei Posten wird auch hier eine Gesamtsumme "Gesamtzuschläge" gebildet.

Ermittlung der Angebotssumme

Abschließend muss die Angebots(end)summe ermittelt werden. Hier sind zum einen die Einzelsummen für Lohnkosten, Stoffkosten, Sonderkosten und Nachunternehmerleistungen aufzuschlüsseln und zum anderen die Angebotssumme ohne Mehrwertsteuer zu berechnen.

Lohnkosten: Die Lohnkosten werden errechnet aus dem Verrechnungslohn zu 2) b), multipliziert mit den für den Auftrag veranschlagten Arbeitsstunden.

Stoffkosten: Unter Stoffkosten sind die Kosten für die zu verwendenden (Haupt-)Baustoffe anzugeben. Dabei ist wichtig, dass der Einstandspreis abzüglich aller gewährten Rabatte (mit Ausnahme des eingeräumten Skontos) als Berechnungsgrundlage zu wählen ist. Auch die Kosten für Hilfs- und Betriebsstoffe sind hier aufzulisten, sofern diese nicht bereits anderweitig (z. B. im Rahmen der Gemeinkosten) eingerechnet wurden. Schließlich gehören hierher auch die Kosten, die dem Auftragnehmer für alle fertig bezogenen Teile entstehen. Aus allen drei Positionen ist eine Gesamtsumme "Stoffkosten" zu bilden.

Sonderkosten: Bei den Sonderkosten finden all diejenigen anfallenden Kosten Platz, die bisher in keiner der Kategorien untergebracht werden konnten. Etwa Energie- oder Reparaturkosten und Planungskosten etc.

Nachunternehmerleistungen: Sollten Kosten für Nachunternehmerleistungen entstehen, sind diese hier einzeln aufzuführen, mit dem unter 2c) ggf. ausgewiesenen Zuschlag für die allgemeinen Geschäftskosten der Nachunternehmerleistungen zu versehen und eine Gesamtsumme zu bilden. Auf Verlangen des Auftraggebers muss zudem auch die Kalkulation der Nachunternehmer vorgelegt werden.

Angebotssumme ohne Mehrwertsteuer: Aus den vier eben genannten Punkten ergibt sich durch Addition die Angebotssumme. Diese ist ohne Mehrwertsteuer auszuweisen.

Rechtsfolgen

Viele Auftragnehmer fragen sich, welche rechtlichen Folgen sich aus den Formblättern zur Preisermittlung ergeben. Ziel der Formblätter ist die Verhinderung unangemessen niedriger oder hoher Angebote. Daher darf auf solche Angebote gem. § 16d I Nr. 1 VOB/A kein Zuschlag erteilt werden. Gerade die detaillierte Aufschlüsselung der einzelnen Positionen führt dazu, dass solche (wissentlich oder unwissentlich) zu hoch oder niedrig kalkulierten Angebote erkennbar werden.

Auch die Nichtabgabe der ausgefüllten Formblätter verhindert den Zuschlag, da der Auftraggeber solche Angebote gar nicht erst berücksichtigen darf. Schließlich ist wichtig zu wissen, dass die Formblätter zwar nicht Vertragsbestandteil werden, sollte der Auftragnehmer den Zuschlag erhalten. Er ist jedoch an die aufgestellte Kalkulation gebunden. Es empfiehlt sich daher, sich mit dem Umgang mit den Formblättern zur Preisermittlung vertraut zu machen und diese gewissenhaft auszufüllen.

Andreas Becker zur Person
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau-
und Architektenrecht

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