Fachwissen: Wie funktioniert Schallschutz im Boden? | Das Tak-Tak- oder Bum-Bum-Problem

Geräusche dringen von einer Wohnung in die andere. Das ist nicht zu vermeiden. Werden sie als Belästigung empfunden, stellt sich die Frage, ob ein baulicher Mangel vorliegt. Das kann Parkettleger bei Renovierungen von Altböden im Bestand betreffen. Worauf zu achten ist, erläuterte Prof. Dr.-Ing. Alfred Schmitz von der TU Braunschweig vor der Bundesfachgruppe Holz.

Wer einen Altbelag austauscht, verändert unter Umständen den Zustand des Gebäudes. Beispiel: Schlägt das normierte Hammerwerk auf eine Rohbetondecke, hört man im Wesentlichen hohe Tak-Tak-Frequenzen. Legt man einen Teppich dazu, vermindern sich die hohen Frequenzen und tiefe bleiben übrig. Würde dort wiederum ein Laminatboden verlegt, ginge der Geräuschpegel zurück zu höheren Frequenzen. Antiquiert wirkt dabei die Berechnungsgrundlage: "Wir Deutschen vergleichen den Norm-Trittschallpegel aus traditionellem Grund mit einer Holzbalkendecke", weiß Prof. Dr.-Ing. Alfred Schmitz von der TU Braunschweig.

Im Tagesgeschäft betrifft es meisten den Altbau. Hier kann der Trittschallschutz durch den Oberbelag durchaus signifikant beeinflusst werden. Wenn der Bodenleger verändernd in die Baukonstruktion eingreift, müsste er wissen, ob und wie er damit den Trittschall manipuliert. Im Zweifelsfall muss ein Akustikfachmann zu Rate gezogen werden. Wird die Verantwortung des bodenlegenden Gewerks damit schon wieder um einen Sektor erweitert? Erst einmal gibt Professor Schmitz Entwarnung: "Trittschall oder Trittschallschutz wird fast nie durch Parkett oder Laminat hergestellt."

Der Estrich muss schwimmen können

"Der Bodenbelag ist dann freibleibend, sofern dieser mitschwimmt." Diese Kernaussage hat gute, wissenschaftliche Gründe. Üblicherweise verantwortet der heute im Wohnungsbau regelmäßig verbaute schwimmende Estrich die Trittschallentkoppelung. Entscheidend ist dabei, dass dieser Estrich wirklich schwimmt, und zwar auf einer Dämmschicht, ohne Kontakt zu den Wandbereichen. Diese Dämmlage darf niemals unterbrochen oder durchstoßen werden, weder durch Rohre noch durch andere Einbauten. Zumindest müssten die ihrerseits vom Estrich entkoppelt werden. Mit anderen Worten: Nur der schwimmende Estrich auf einer geeigneten Trittschalldämmschicht hat tatsächlich Einfluss auf den Trittschall. Der Bodenleger darf diese schwimmende Konstruktion daher nicht kaputt machen. Was er darüber installiert, beeinflusst in der Regel nur den Gehschall im Raum. Doch der hat juristisch keine Bedeutung.

Ob ein schwimmender Estrich wirklich schwimmt und keine Körperschallbrücken aufweist, lässt sich vor Beginn einer Renovierung ganz einfach prüfen. Laut Prof. Schmitz reicht ein Gummihammer. Man legt ein Bodenbelagsmuster auf den Estrich, klopft darauf und lauscht auf die entstehenden Klänge. Sind es eher tiefe Bum-Bum-Töne oder deutlich höhere Tak-Tak-Geräusche? Und kann man innerhalb der Fläche vielleicht unterschiedliche Frequenzen wahrnehmen? Höhere Töne zeigen Schallbrücken an. Zwar befindet man sich dabei nicht in der unteren Wohnung, trotzdem weist diese qualitative Messung des Raumschalls auch auf den Trittschall hin.

Was bedeutet Tak-Tak? Es ist, als würde man auf einen Tisch klopfen. In solch höhere Frequenzbereiche verschiebt sich der Klopfton, wenn der Unterbodenaufbau eine eher steife Dämmschicht enthält, eventuell sogar in Form einer Fußbodenheizung. Auch ein Parkett, mit Unterlage auf Rohbetondecke geklebt, würde noch im Tak-Tak-Bereich ertönen. Und wo der Estrich nicht frei schwimmen kann, also bei Schallbrücken, neigt der Klopfton sowieso in Richtung Tak-Tak.

Und wann kommt es zu Bum-Bum? Dann, wenn der Estrich auf einer entsprechend dicken, weichen, federnden Dämmschicht schwimmt. Das verschiebt oben entstehende Geräusche für darunter wohnende Menschen in einen tiefen Frequenzbereich. Der wird von der Bauakustik als wesentlich weniger belästigend eingestuft. Trotzdem können diese tiefen Töne durchaus stark sein. Man nennt es "Estrichdröhnen". Als Mangel gilt das aber nicht, zumindest noch nicht. Beim Schallschutz nach DIN 4109 geht es immer um einen Wohn/Arbeitsbereich in Abgrenzung zu einem fremden Wohn/Arbeitsbereich. Und dabei sowohl um die Wahrung der Privatsphäre (Persönlichkeitsrecht), wie um den Schutz vor unzumutbarer Schalleinwirkung (Gesundheitsschutz).

Die Wirkung von Dämmunterlagen

Was hilft den Trittschall zu mindern? Kann der Parkett- und Bodenleger einen solchen Beitrag überhaupt leisten? Zunächst einmal muss seinem Auftraggeber klar sein: Einzig wichtig ist, dass der Estrich wirklich schwimmt und zu den Seiten entkoppelt ist. Wenn der Estrich schwimmt, ist egal, was oben drauf liegt. Wer den Oberbelag installiert, muss den Trittschall nicht berechnen.

Was aber ist mit Dämmunterlagen, die teilweise Geräuschreduzierungen bis zu 22 dB versprechen? Kann der Handwerker damit Punkte machen? Hier ist aus zweierlei Gründen Vorsicht geboten. Erstens sollte der Parkett- und Bodenleger in Sachen Trittschallschutz nicht als Planer auftreten und damit womöglich haftbar werden. Zweitens stellt sich die Frage, ob Dämmunterlagen den Trittschallschutz tatsächlich im vorgegebenen Maß reduzieren. Das nämlich kommt darauf an, wie man die dB-Werte misst und interpretiert. Eine Unterlage mag im Labortest eine bestimmte Schallminderung erreichen, auf der Baustelle sind die Bedingungen oft andere.

Wie viel dB Schallminderung ist ausreichend, damit man einen deutlich niedrigeren Geräuscheindruck hat? Dazu muss man wissen: Ein um 3 dB verringerter Schalldruckpegel bedeutet rein technisch eine Halbierung der Schallenergie, doch der "gehört-gefühlte" Eindruck halbiert sich erst bei einer Reduzierung um 10 dB. Technische Werte und menschliches Ohr sind grundverschieden. Wobei noch nicht einmal einbezogen ist, von welcher Art Geräusch ein Mensch sich überhaupt gestört fühlt. Das kann individuell sehr unterschiedlich wahrgenommen werden.

Zurück zum Oberbelag. Ein Laminat mit Dämmschichtkaschierung oder ein Parkett mit Dämmunterlage - beides sind Masse-Feder-Konstruktionen, vergleichbar dem Estrich auf Dämmlage. Mit einem Unterschied: Es sind dünne und eher steife Verbindungen. Dies hat zur Folge, dass die Trittschallfrequenz ohne Vorhandensein eines schwimmenden Estrichs in einen höheren Bereich kommt, also eher in den Tak-Tak Bereich. Zum Glück gilt: "Trittschallmindernde, leicht austauschbare Bodenbeläge nach DIN 4109-34: 2016-07, Tabelle 2 sowie schwimmend verlegte Parkett- und Laminatböden dürfen beim Nachweis im Wohnungsbau nicht angerechnet werden." Das bedeutet: Im Wohnungsbau stellt der schwimmende Estrich den Schallschutz her, nicht der Oberbelag.

Beim Bodenlegen Fuge pflegen

Und wenn ein Parkett auf den Estrich geklebt werden soll? Muss der Parkettleger zuvor den Estrich auf Trittschallprobleme hin prüfen? "Sie müssen keinen Estrich abklopfen, wenn das nicht notwendig scheint", sagt Prof. Schmitz. Er weiß in seiner Eigenschaft als Sachverständiger aber auch um die mögliche Hinweispflicht des nächsten Gewerkes, sollten Probleme offenkundig sein. Das Fehlen eines Randdämmstreifens könnte als solch ein Problem gewertet werden. Auch, wenn der Estrich zwischen verschiedenen Räumen keine Trennung aufweist. "Ein Kellenschnitt reicht als schaltechnische Trennung nicht", erklärt Prof. Schmitz.

"Die wichtigste handwerkliche Aufgabe beim Verlegen von Parkett oder Laminat ist der Erhalt der schwimmenden Konstruktion, das heißt vollständige Vermeidung von Körperschallbrücken." Zu dieser Kernaussage gehört, dass beim vollflächigen Kleben kein Klebstoff in die Wandfuge läuft und dort zur Schallbrücke aushärtet. Dazu gehört auch, dass Türzargen und Sockelleisten aus akustischer Sicht keine direkte Berührung mit dem Bodenbelag haben sollten. Ein Mindestabstand ist nicht definiert. Andere Schallbrücken, wie Rohre, durchgehende Säulen, eingebauten Bodenstrahler und Bodentanks für Elektroinstallation müssen bereits im Estrich isoliert und entkoppelt sein.

Wo die Hinweispflicht des Parkett- und Bodenlegers beginnt und endet, ist nicht fest umschrieben. Die Juristin Marion Kenklies sagt: " Der Handwerker muss keinen Akustiker beauftragen. Dafür ist der Bauherr als Planer zuständig. Aber wenn das Schallschutzniveau das baurechtliche Niveau übersteigen könnte und Schallschutzanforderungen verändert werden könnten, haben Handwerker eine Hinweispflicht und müssen Bedenken schriftlich anmelden. Sonst kann das bei Sanierungsaufträgen Kopf und Kragen kosten."
| Henrik Stoldt
aus Parkett Magazin 05/20 (Handwerk)