Licht inszeniert Produkte

Die Kaufentscheidung wird wesentlich durch den optischen Eindruck beeinflusst. Daher kann die richtige Beleuchtung bei der verkaufsfördernden Inszenierung helfen. Dozent und Retail Designer Stefan Suchanek gibt Tipps.

Eher unbewusst und selbstverständlich wird es jeden Tag genutzt. Es macht keinen oder kaum Müll, ist leise und pflegeleicht. Man kann es nicht anfassen, aber es ist dennoch da: das Licht. Schenken wir diesem Phänomen ein wenig Aufmerksamkeit. Schließlich ist Licht das wichtigste Medium von Sichtbarkeit und Kommunikation im Verkauf.

Weit über 80 % unserer Informationsaufnahme findet über das Sinnesorgan Auge statt. Die Wahrnehmung von Ihrem Geschäft und Ihren Produkten, deren Attributionen - also die Zuschreibung von Werten und Begehrlichkeit ("Will ich haben!") und letztendlich die resultierende Kaufentscheidung werden primär über das Auge abgewickelt. Aber sehen kann das Auge nur mit vorhandenem Licht.

Doch aufgepasst: Eine pauschale Helligkeit ist gefährlich, denn bei minderwertigem oder sogar falschem Licht (zum Beispiel Blendwirkung) gehen viele Informationen verloren oder werden eliminiert. Informationen, die wichtig sind für die funktionalen, emotionalen und biologischen Bedürfnisse der Menschen, um überhaupt eine verkaufsaktive Atmosphäre zu schaffen. Kurz: Dem Produkt fehlt die Wirkung - und die sucht der Kunde dann beim Wettbewerb.

Richtiges Licht wirkt verkaufsfördernd

Licht ist eines der wichtigsten und kompliziertesten Elemente im Ladenbau und in der Verkaufsförderung. Licht sorgt zum einen für Sicherheit, Orientierung und Wohlgefühl. Zum anderen hat man die Chance, mit richtiger Beleuchtung das Produkt begehrlicher und überzeugender erscheinen zu lassen.

Wirkt ein Produkt wie 100 EUR, kostet aber nur 30 EUR, dann ist die Präsentation überzeugend: Sie verstehen also etwas vom Geschäft. Wirkt jedoch ein Produkt blass und abgestanden (wie 30 EUR), kostet aber 100EUR- dann haben Sie ein Problem. Der Kunde wird skeptisch, sein Unterbewusstsein sucht den "Fehler". Dafür ist die richtige Lichtinszenierung maßgeblich verantwortlich.

Beleuchtung ist nicht gleich Helligkeit

Hauptsache hell und günstig, das reicht! Diese Auffassung ist zu pauschal und damit locken Sie vielleicht nur die Fliegen, die dann tot und staubig zwischen der Deko im Schaufenster liegen. Der Kunde erwartet gerade in der Interior-Branche Vitalität, Lebensgeist und den Zauber der Ästhetik statt trübem Einheitsbrei.

Oft diskutieren Händler beim Thema Licht leider nur über Quantität statt über Qualität. Und da geht bereits Potential verloren: Der Griff zu Energiesparleuchten oder zu Baumarkt-LEDs ist nicht ausreichend und sogar unökologisch in Bezug auf die Atmosphäre ihres Geschäftes und auf die Leistungsfähigkeit Ihrer Mitarbeiter. Denn falsches Licht erzeugt Kopfschmerzen und Müdigkeit. Wir brauchen weniger Lichtmasse, dafür mehr Lichtqualität und bessere Produktinszenierung, so dass Mitarbeiter und Kunden ein begehrliches Produkt und ein gesundes, angenehmes und verkaufsaktives Ambiente vorfinden.

Hier einige Tipps:

Blendfreies Licht

Strahler sollten so eingestellt sein, dass sie Kunden und Mitarbeiter nicht blenden. Denn das reduziert nicht nur unsere Sehleistung, sondern schmerzt auch im Auge. Die Leuchtmittel sollten sich möglichst tief im Strahler befinden. Diese blenden entscheidend weniger und durch einen engeren Lichtkegel wirken Produkte dreidimensionaler und werden durch Kontrastbildung (ist fürs Auge leichter zu verarbeiten) bevorzugt wahrgenommen. Tipp: Kontrollieren Sie in regelmäßigen Abständen die richtige Position der Strahler. Oft wird das Geschäft umdekoriert, dabei aber das Anpassen der Beleuchtung nicht berücksichtigt. Das Licht strahlt ins Nirwana oder auf den Boden, der Laden wirkt dadurch dunkel. Mit einer Leiter, einem Handschuh (Vorsicht heiß!) und dem richtigen Blick bewirken sie viel.

Überblendung vermeiden

Werden hell gestrichene Rückwände angestrahlt, sind diese oft heller als das davor befindliche Produkt und die Reflektion lässt einen Überblendungseffekt entstehen. Die Pupille verengt sich, die Produkte wirken dunkel oder unscharf. Also die Beleuchtung des Hintergrundes zurückfahren, das Licht im Vordergrund erhöhen. Dann beginnen die Farben zu leuchten und Produkte stechen besser hervor. Tipp: Moderne Systeme lassen sich dimmen und in Systemdecken oder Stromschienen können zusätzliche energiesparende LED-Spots verwendet werden. Für den perfekten sinnlichen und sinnhaften Auftritt Ihres Produktes.

Lichtqualität beachten

Ein hochwertiges "normales", weil natürliches Licht hat die Eigenschaft, nahezu alle Farbspektren wiederzugeben, die unser Auge wahrnehmen kann. Bei Energiesparleuchten und Neonröhren liegt dieser Wert nur bei etwa 45 bis 65 %. Das bedeutet, dass Stoffe, Farben und Texturen ihr Potential nicht entfalten - die Hochwertigkeit wird nicht über das Licht ins Auge transportiert. Produkte wirken "unglaubhaft". Das erzeugt in unserem Unterbewusstsein eine kognitive Dissonanz und eine Entscheidung wird vertagt. Der Kunde hat kein gutes Gefühl und kauft dann womöglich das gleiche Produkt beim Wettbewerb. Tipp: Beim nächsten Kauf von Leuchtmitteln den RA oder CRI Wert (Colour Rendering Index) beachten. Er sollte mindestens 93 betragen. Die Wirkung dann ist ein absoluter emotionaler Entscheidungsverstärker: Farben beginnen zu leuchten und durch die erzeugte Brillanz werden Produkte frischer und begehrlicher.

Konstrastreich inszenieren

Unser Sehorgan ist mit zwei wesentlichen Rezeptoren ausgestattet: den Zapfen für die Farbwahrnehmung und den Stäbchen für den Kontrast. Letztere überwiegen im Auge und sorgen dafür, dass wir auch nachts noch Umrisse von Häusern und Straßen erkennen, aber nicht mehr deren Farbe. Unserem Gehirn gelingt also die Kontrastwahrnehmung müheloser als die Wahrnehmung und Verarbeitung der Farben. Und all das, was wir leicht erkennen, wird bevorzugt. Aus diesem biophysikalischen Grund empfiehlt es sich, Produkte kontrastreich zu präsentieren. Also helle Produkte vor dunklem Hintergrund. Feine und filigrane Oberflächen auf derbem und rustikalem Material - etwa einem groben, rohen Holzbrett - beziehungsweise umgekehrt. Tipp: Trauen Sie sich, mit einem engen Ausstrahlwinkel (ca. 10 bis 22°) zu beleuchten. Das Produkt wird dreidimensionaler und damit "begreifbarer". Studien beweisen, dass unser Unterbewusstsein schon längst auf Grund solcher Attribute entschieden hat, ob wir ein Produkt kaufen oder nicht, bevor es die Kognition tut.

Investitionen amortisieren sich schnell

Licht gibt Menschen Energie, verbraucht aber auch Energie. Letzteres gilt es zu vermeiden, um Umwelt und Geldbeutel zu schonen. Die gute Nachricht ist, dass der heutige Stand der LED-Entwicklung zu unseren Gunsten ist. Moderne LED-Leuchten und Leuchtmittel haben eine fast perfekte Qualität und sind mittlerweile erschwinglich und gerätekompatibel. Die Lichtausbeute ist wesentlich höher als früher und der Energiebedarf beträgt nur noch einen Bruchteil. Tipp: Berechnen Sie die Investitionskosten moderner Systeme im Kontext mit den zukünftig geringeren Verbrauchskosten. Oft amortisieren sich die Beträge bereits nach zwei Jahren.
Licht inszeniert Produkte
Foto/Grafik: XAL
Die Wirkung von Licht ist hier gut erkennbar: Die Betonung einzelner Flächen und der Einsatz verschiedener Farbtemperaturen erzeugen unterschiedliche Stimmungen.
Licht inszeniert Produkte
Foto/Grafik: Suchanek
Der Autor: Stefan Suchanek ist Retail Designer, Berater und Dozent für visuelle Rhetorik, Inszenierung & Argumentation an der Akademie für Mode & Design (AMD) in München. Er machte Station als Bühnenbildner und Fernsehmoderator beim Bayerischen Rundfunk.
aus BTH Heimtex 09/20 (Handel)