Basiswissen zum Schleifen von mineralischen Untergründen

Welche Risiken und Fehler gibt es beim Schleifen?

Das Schleifen von Böden ist mittlerweile im Handwerk angekommen. Eine vernünftige Untergrundvorbereitung vor der eigentlichen Belagsverlegung ist für bodenverlegende Gewerke heute Pflicht. Oberflächen von Industrieböden werden durch Schleifen saniert und in Bezug auf Reinigung, Staubfreiheit und Qualitätssicherung optimiert. Design-Estriche mit geschliffener Oberfläche gehören zu den Lieblingen der Architekten. Parkdecks und Industrieböden werden mit Schleiftechnik entschichtet. Andreas Funke, Geschäftsführer des Schleifmaschinenherstellers MKS Funke, gibt Infos und Tipps, worauf man beim Schleifen achten sollte.

Fehler kosten beim Schleifen durch Nachbearbeitung und zeitlichen Mehraufwand zumeist "nur" Lohnstunden und damit Geld. Substantielle Schäden sind selten und kommen - wenn überhaupt - eher auf dekorativen Flächen vor. Es könnte beispielsweise zu einem Totalschaden führen, wenn der Schleifende einen leichten Anschliff schuldet (Salz- und Pfeffer-Optik), durch ein zu grobes Werkzeug das Großkorn aufschleift und der Boden dann einem Terrazzo ähnlich sieht.

In der Untergrundvorbereitung kann z. B. das viel zu grobe Anschleifen eines Calciumsulfat-Fließestrichs zu einer Beeinträchtigung der Festigkeit in der oberen Randzone führen. In so einem Fall könnte eine Festigung und sogar ein Aufspachteln notwendig werden.

Bei den Werkzeugen kann Unkenntnis über die richtige Verwendung zu Mehrverbrauch, Beschädigung oder manchmal auch Totalverlust führen. Sind Werkzeuge zu weich, verschleißen sie zu schnell. Sind sie zu hart, verliert man Lohnstunden, ohne zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen. Werkzeuge für die Entschichtung wie beispielsweise
PKD-Werkzeuge ("PolyKristalliner Diamant")
können bei ungeeigneten Untergründen splittern oder brechen.

Bester Ansatz zur Fehlervermeidung sind auf die Aufgabe abgestimmte gute Werkzeuge, eine engagierte und kompetente Betreuung durch den Lieferanten auf der Baustelle sowie eine gute Schulung rund um den richtigen Einsatz von Maschinen und Werkzeugen.

Was benötigt man
zum Start?

Die Aufgabenstellungen ergeben den Ansatz für eine sinnvolle Start-Ausrüstung:
I. Bodenbelag/Estrich

•Ausrüstung für den Einsatz im Wohnungsbau mit den üblichen Flächen bis ca. 100 m2
-Beton- und Estrichschleifer für Entschichtung und Untergrundvorbereitung
-Zwei bis vier unterschiedliche Werkzeugsätze
-Handgehaltene Maschine mit Staubabsaugung für Randbereiche und Kleinstflächen
-Auf Maschinen und Werkzeug abgestimmter Sauger und Vorabscheider

Auf größeren Flächen macht unter Kostenaspekten nur der Einsatz leistungsfähigerer Mehrscheiben-Maschinen Sinn. Die Ausrüstung kann dann auch für die Entschichtung und Untergrundvorbereitung, dekorative Böden sowie das Schleifen von Holz verwendet werden.
Saugsysteme für größere Maschinen sind auf die Leistung der Maschinen- und Werkzeugsysteme abgestimmt und in der Regel ein oder zwei Klassen leistungsfähiger als die der Beton- und Estrichschleifer.

II. Dekorative Böden und Industriebodenoptimierung

•Für diese Aufgaben ist ausschließlich der Einsatz von Drei- und Mehrscheibenmaschinen sinnvoll.
-Je nach Größe der zu bearbeitenden Flächen Maschinen entsprechender Größe und Leistungsfähigkeit wählen
-Unterschiedliche Werkzeugsätze mit verschiedenen Bindungshärten und Körnungen
-Handgehaltene Maschinen für Randbereiche und Kleinstflächen

Dekorative Schleifarbeiten können im Trocken- wie im Nass-Schliff ausgeführt werden. Die Sauger und deren Vorabscheider müssen zu der Leistung der Maschinen- und Werkzeugsysteme passen. Das effiziente und personalsparende Staub- und Schlammhandling ist ein Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg auf größeren Baustellen.

III. Professionelle
Dienstleistung Schleifen

Professionelle Dienstleister schaffen in der Regel Ausrüstungen an, die für die jeweils auszuführenden Aufgabenstellungen benötigt werden. Eine leistungsfähige Absaugung für den Trockenschliff ist dabei Pflicht. Hier gibt es beispielsweise in der TRGS 559 einschlägige Regelungen, die unter anderem die Exposition von Quarzfeinstäuben regeln.

IV. Gibt es Grundregeln
beim Schleifen?

Die notwendige Zahl an Werkzeugen ist für Betriebe mit wiederkehrenden Aufgaben gering und mit ein bisschen Erfahrung einfach beherrschbar. Dennoch ist es gut zu wissen, dass es beim Schleifen zwei wesentliche Kostenblöcke gibt. Der größte beeinflussbare Block beinhaltet Lohn- und Nebenkosten. Werkzeuge und Maschinen machen in der Regel dagegen nicht mehr als 5 bis 10 % der Kosten je geschliffenem Quadratmeter aus.

Um Risiken für Einsteiger zu vermeiden, gibt es mehrere Grundregeln, die nach der Einarbeitung durch den Lieferanten helfen, die Produktivität zu steigern und die Kosten zuverlässig gering zu halten.

Tipp 1: Harte Böden schleift man mit weichem Werkzeug, weiche Böden mit hartem Werkzeug

Der Abrieb des Bodens (Staub oder Schlamm) und seine Partikelgröße, Scharfkantigkeit und Härte bestimmt die erforderliche Verschleißfestigkeit (= Härte) der Bindung der Diamanten in einem Schleifwerkzeug.

Böden höherer Festigkeit und mit dichter Oberfläche geben in der Regel nur kleinere Partikel ab, die sich wenig aggressiv gegenüber der Bindung verhalten. Weiche und offenporigere Böden können dagegen sehr viele, große, scharfkantige und maximal aggressive Partikel abgeben. Dann muss die Bindung wesentlich verschleißfester
(= härter) sein.

Tipp 2: Mit der härteren Bindung anfangen

Diese Regel schützt den Handwerker vor zu hohem Verschleiß, indem er sich an die optimale Werkzeugwahl von der - verschleißtechnisch gesehen - sicheren (also härteren = verschleißfesteren) Seite zu nähern.
Tipp 3: Mit einem feineren Werkzeug beginnen, dann gröber werden

Beginnt man nicht gleich mit einem maximal groben Werkzeug, sondern mit einer auf den Abtrag abgestimmten Körnungsgröße, wird der Nachbearbeitungsaufwand mit den nächst feineren Werkzeugen auf das Notwendige reduziert. Gleichzeitig wird das Risiko einer zu grober Bearbeitung und eventuell daraus resultierender Schäden (Lockerung des Gefüges, Schädigung der Zuschläge) reduziert.

Tipp 4: Start ohne Zusatzgewichte, dann Gewichtsdruck erhöhen

Werkzeuge erzeugen bei höherem Anpressdruck üblicherweise tiefere Riefen. Auch diese Regel reduziert den Arbeitsaufwand auf das Notwendige, indem der Nachbearbeitungsaufwand mit feinerem Werkzeug reduziert wird. Auch das Risiko von zu grober Bearbeitung verringert sich.

V. Welche
Werkzeugarten gibt es?

Nahezu alle Schleifwerkzeuge für die Bearbeitung mineralischer Untergründe werden mittlerweile mit Industrie- und Natur-Diamanten bestückt. Trotz des höheren Anschaffungspreises bieten sie deutliche Kostenvorteile: Die Fläche wird schneller bearbeitet und die Werkzeuge haben eine sehr lange Lebensdauer. Unterm Strich sinken die Lohn- und Werkzeugkosten je m2.

Diamantwerkzeuge
werden anhand ihres
Wirkprinzips unterschieden:

Schleifwerkzeuge
Schneiden mit einer Vielzahl relativ kleiner Diamantpartikel. Die Körnungen fangen meist bei einer 20er-Körnung an und gehen hoch bis in den 200er-Körnungsbereich, seltener auch höher. Diese Körnungsangaben sind bei den Korundschleifmedien "entliehen". Sie gibt nicht wirklich Auskunft über die Qualität und Leistungsfähigkeit der Werkzeuge. Die Körnungsangaben sind eher eine Orientierung zu Wirkung und erzielbarer Kratzer-/Rautiefe. Die Qualität von Diamant-Schleifwerkzeugen bestimmt sich aus Faktoren wie beispielsweise:

-Diamantqualität und -konzentration
-Bindungsbeschaffenheit sowie
-Produktionsverfahren
Diamant-Schleifwerkzeuge funktionieren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Der Diamant findet eine passende Lücke in der Bodenstruktur, taucht ein und spant bei der Bewegung Partikel aus dem Boden. Die Bearbeitungsspuren (= Kratzer) sind auch bei "großen" Diamantkörnungen relativ fein, verglichen zu PKD- und PKD-Splitt-Werkzeugtypen. Schleifwerkzeuge eignen sich daher zumeist nicht für den Abtrag stärkerer Schichtaufbauten.

PKD-Werkzeuge
Sie bestehen aus Vollhartmetall-Trägern (VHM) mit einer dünnen polykristallinen Diamantschicht. Die Bearbeitung besteht aus einem Stoßen und Reißen. Der Abtrag ist sehr stark, perfekt für alle Arten von Entschichtungen in der Bodenbelagsverlegung, für Reaktionsharzbeschichtungen auf Industrieböden und Parkdecks. Die Bearbeitungsspuren sind wesentlich gröber als bei Schleifwerkzeugen. PKD-Werkzeuge gibt es in vielen unterschiedlichen Geometrien, die sich vor allem durch ihre Abtragsleistung unterscheiden.

PKD-Schneidwerkzeuge sind durch die Konstruktion und Anordnung der
PKD-Plaketten laufrichtungsgebunden. Die Drehrichtung muss also passen. Bei starren Hindernissen im Boden können die sehr harten PKD-Schichten und auch der VHM-Träger platzen. Sie müssen dann ausgetauscht werden. (Überschichtete) Hindernisse wie beispielsweise Bolzen, Hülsen, Schienen müssen daher vor der PKD-Bearbeitung entfernt werden.

PKD-Splitt-Werkzeuge
Sie sind eine Mischform aus Diamant-Schleifwerkzeugen und PKD-Werkzeugen und bestehen aus einer Metallbindung, in die kleine Teile von PKD-Plaketten eingearbeitet sind. Diese Werkzeuge gibt es in vielfältigen Formen: mit regelmäßiger oder zufälliger Anordnung der PKD-Splitter. Die Metallbindung mit zusätzlichen Schneiddiamanten oder ohne und es gibt die Metallbindungen der PKD-Splitt-Werkzeuge in unterschiedlichen Härten. Vorteile gegenüber den Diamant-Schleifwerkzeugen bestehen in der deutlich höheren Abtragsrate. Im Vergleich zu den PKD-Werkzeugen mit PKD-Plaketten sind sie üblicherweise preiswerter in der Herstellung und kommen mit dem Anprall an verborgenen starren Hindernissen wie beispielsweise Bolzen oder Ankern besser zurecht. Das Risiko der Beschädigung oder der Zerstörung ist also deutlich geringer.

Werkzeuge für
Mittel-, Fein- und Polierschliff

Diese Werkzeuge ab einer Körnung von ca. 60 bestehen in der Regel aus Kunstharzen, in die Industrie- und Naturdiamanten eingemischt sind. Die verwendeten Harze und die Typen der Diamanten bestimmen den Einsatzzweck dieser Werkzeuge. So können sie für den Trocken- oder Nass-Schliff bestimmt sein oder auch auf bestimmte Untergründe abzielen. Es gibt kunstharzgebundene Werkzeuge mit gerichteter Schleifwirkung, bei denen die Diamantschneiden eine definierte Rautiefe erzeugen, die der durch die Maschine und die Werkzeugbindung vorgegebenen Bahn exakt folgen.

Werkzeuge mit ungerichteter Schleifwirkung sind sogenannte Diamantpads und auch Diamantbürsten, bei denen die Schneidstoffe an flexible Fasern gebunden sind. Sie erzeugen eine Oberfläche, die der Verschleißfestigkeit der einzelnen Bestandteile (Zuschläge, Bindemittel) folgt. Das Resultat kann dann eine stark orangenhaut-förmige Oberflächenstruktur sein, die qualitativ schlechter ist und im Micro-Lastabtrag nicht besteht, also schneller verschleißt.
aus FussbodenTechnik 03/20 (Handwerk)