Fachhändler auf Social Media

"Wir lassen uns nicht unterkriegen"

Hamburg. Videos, Fotos, Aktionen: Zahlreiche Fachhändler haben auf sozialen Netzwerken begonnen, um Kunden zu werben. Die Botschaft: Auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten geht es weiter. Wir haben einige Beispiele zusammengetragen.

Kaufen Sie vor Ort, helfen Sie den Fachgeschäften in dieser Situation mit ihrem Einkauf", sagt Bettenfachhändler Bernd Siebertz in die Handykamera. Sein Familienunternehmen in Overath-Unterschbach besteht seit 20 Jahren. Von der aktuellen Krise will sich Siebertz nicht entmutigen lassen und wendet sich direkt an die Kundschaft: "Kaufen Sie bitte nicht in anonymen Welten. Bleiben Sie unserem Fachgeschäft treu, denn wir liefern gute Waren immer zu fairen Preisen und bieten einen bedeutenden Mehrwert", sagt der Händler. "Wissen wir doch, dass ein Matratzenkauf im Internet keine gute Entscheidung ist."

Das Video wurde von keiner Marketingagentur geplant oder von Medienprofis inszeniert. Gerade das macht es authentisch. So wie Siebertz gibt es auch andere Händlerkollegen, die sich in der Corona-Krise mit Facebook-Videos zu Wort melden. So wie Sabine Briel aus Marburg. "Eigentlich würden wir gerade mitten im Räumungsverkauf wegen Umbau stecken", erzählt sie ihrer Kundschaft. "Jetzt stehen wir hier mit all unserer schönen Ware - und Sie können nicht zu uns." Die Beratung per Telefon, eMail oder Videoanruf läuft bei Betten Briel zwar wie bei ihren Kollegen weiter, doch das allein bringt noch keine Einnahmen.

"Unterstützen Sie uns mit einem Gutschein. Sie helfen so, den Fortbestand unseres Betriebes und die Arbeitsplätze unserer Mitarbeiter zu sichern", bittet die Inhaberin daher. Das Stadtmarketing der Universitätsstadt in Oberhessen hat die Gutschein-Aktion auf der Plattform marburg-liebe.de ins Leben gerufen, knapp 30 Unternehmen waren zum Start bereits dabei. "Schnelles Helfen ist in dieser Krise das Gebot der Stunde. Wir wollen die Handlungsspielräume nutzen, die sich uns bieten", sagt Klaus Hövel, Vorsitzender des Stadtmarketing-Vereins.

Eine Videobotschaft von Fachhändler Dirk Günther aus Brechen richtet den Blick schon auf die Zeit nach Corona. Der Fachhändler zeigt den Einbau einer neuen Klimaanlage in den Büroräumen seines Unternehmens, denn, so Günther, nach Corona werde der Klimawandel wieder Thema sein. "Die neue Anlage soll dafür sorgen, dass wir im kommenden Sommer einen kühlen Kopf bewahren können - und einen kühlen Kopf, den brauchen wir jetzt auch in der Viruszeit."

Ideen sind gefragt, und die Krise macht kreativ. Das Bettenhaus Brack im nordhessischen Korbach, in dem die Mitarbeiterinnen zum Teil seit 50 Jahren und mehr beschäftigt sind und das von Sophie Valentin in siebter Generation geführt wird, hat seine Schaufenster mit Frühlingsneuheiten dekoriert und die Bilder ins Netz gestellt. Die ausgestellten Artikel wurden mit Bestellnummern versehen, "damit Ihr einfach bestellen könnt, wenn Euch etwas gefällt", wie es dazu heißt. "Solltet Ihr also bei einem Spaziergang an der frischen Luft etwas Schönes in unseren Fenstern finden, womit Ihr es Euch zu hause ein wenig schöner machen könnt, meldet Euch", lautet die Einladung - per WhatsApp, E-Mail oder telefonisch.

"Wir lassen uns nicht unterkriegen", heißt eine der Facebook-Botschaften von André und Jessica Alesi, die ebenfalls Optimismus auszustrahlen versuchen. "Auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten geht es weiter", schrieben die Fachhändler mit Geschäften in Schramberg und Trossingen und posteten Fotos von der Auslieferung der ersten Telefonverkäufe.

"Ebenfalls sind Abholungen im Lager nach vorheriger Anmeldung möglich", lautet der Hinweis an die Kunden, die auch Wäscherei und den Umfüllservice nutzen können. "Selbstverständlich holen wir auch die Bettwaren vor Ort ab und bringen sie Euch auch wieder." Normalität in der Ausnahmesituation, die ohne die Mitarbeiter nicht fuktionieren würde. "Vielen Dank an unser Wahnsinns-Team, die gerade so eng aneinander stehen, dass kein Blatt Papier dazwischen passt", schrieben die Alesis - was angesichts von Social Distancing sicherlich im übertragenen Sinne gemeint war.

Ein Serviceangebot der anderen Art macht das Kölner Bettenfachgeschäft Lux 118 seinen Kunden in Quarantäne-Zeiten und fragt: "Was fangt Ihr mit Eurer ganzen Zeit an?" Die Inhaber Jaqueline von Hobe und Michael Jäschke versuchen, die Zeit des Shut Down positiv zu sehen: "Jetzt könnt Ihr endlich mal Dinge angehen, die sonst in unserem hektischen Alltag gerne mal verschoben werden"
schreiben sie und fordern die Kunden auf: "Sendet uns ein Foto der jetzigen Raumsituation, Wunschmaß und Einteilungswünsche -den Rest übernehmen wir."

"RUFT UNS AN!!" lautet die Aufforderung bei Betten Kramer in Bielefeld, wo man auch die zuständige Mitarbeiterin präsentiert: "Katja Skorloff ist zur Zeit unsere Hüterin der Telefone und möchte gefordert werden", heißt es mit einem Lach-Emoji und der Versicherung: "Wir beraten euch auch weiterhin kompetent und ausführlich!!Lieferung oder Postversand inklusive!!"

Das Kolbe Bettenland in Hildesheim ist zwar ebenfalls von den Schließungen im Handel betroffen, kann von den Kunden aber zumindest virtuell betreten werden. "Wer unseren Neubau/Umbau noch nicht gesehen hat, kann das hier Online tun" heißt es auf Facebook, wo das Unternehmen einen virtuellen 360-Grad-Rundgang durch seine Geschäftsräume präsentiert, "um sich für die Zeit nach Corona ein bissl inspirieren zu lassen", wie es hierzu heißt.
Auch der Wuppertaler Fachhändler Björn Steinbrink setzt auf eine lokale Gutschein-Aktion, die einem besonderen Zweck dient. Die Initiatoren von "Support your locals Wuppertal" wollen die Heldinnen und Helden der Corona-Krise mit einem Dankeschön beliefern. "Egal ob Krankenhäuser, Pflegeheime und -dienste, Feuerwachen oder Polizeidienststellen. Auch jede/r Kassierer/In eines Supermarktes ist für uns ein Held", schreiben die Initatoren. Wer einen Gutschein kauft, erhält die Ware also nicht selbst - unterstützt aber dennoch den Handel vor Ort.

"Es ist einfach grandios, welche Ideen und Konzepte in Zeiten der Krise reifen", freut sich Steinbrink, der sich mit einem so genannten Helfer-Kissen für die Ruhepause nach einer anstrengenden Schicht an der Aktion beteiligt. Die Schlafraum-Kunden können darüberhinaus auch so genannte "Betten- und Matratzenscheine" im Wert von 150 Euro bei ihm erwerben. Das Angebot an die Kunden: "Sie entscheiden, was Sie dafür zahlen möchten. Sobald wir die Türen wieder geöffnet haben, können Sie die Scheine dann einlösen. Egal ob für Matratzen, Zudecken, Kissen oder als Anzahlung auf Ihr neues Bett."

Bei Betten Ammerer im österreichischen Ried im Innkreis setzt man in den Zeiten der Krise auf einen kostenlosen Lieferservice - landesweit. Der hauseigene Onlineshop macht die Bestellungen möglich. "Wir versorgen euch auch jetzt mit gutem Schlaf und schöner neuer Bettwäsche", wirbt Inhaber Stefan Ammerer und hat noch einen Tipp parat: "Schlaft euch mal richtig aus - das stärkt nämlich das Immunsystem!"

Und weil man sich auch in schwierigen Zeiten seinen Humor bewahren sollte, postete Ammerer auch ein ganz besonderes Foto samt Firmenfahrzeug und schrieb: "Das ist kein schlechter Werbegag: Wir liefern heute wirklich nach St. Corona am Wechsel!"
aus Haustex 04/20 (Handel)