Länderschwerpunkt Belgien + Niederlande

Investitionen in die Zukunft


Ob textile oder elastische Produkte, gute oder schlechte Geschäftslage: Wir haben bei der belgischen und niederländischen Bodenbelagsindustrie Verantwortliche getroffen, die optimistisch in die Zukunft investieren - in Forschung und Entwicklung, in Maschinen, in Service sowie Showrooms.

Es gab Zeiten, in denen hat sich niemand gewundert, wenn eine Rolle Teppichboden aus Belgien oder den Niederlanden ohne Angaben zu Hersteller, Qualität, technischen Eigenschaften und Zertifikaten geliefert wurde. Die Zeiten haben sich geändert - im Allgemeinen und speziell in der Bodenbelagsbranche. Heutzutage verlangen Handel und Handwerk mehr Transparenz. Woher ein Produkt kommt, wann es kommt und welche Inhaltsstoffe es enthält, danach wird heute öfter gefragt.

Die Bodenbelagsindustrie beider Länder hat sich darauf eingestellt. Für viel Geld werden neue, große und moderne Ausstellungen eröffnet; auch mal mit freiem Blick direkt in Entwicklung, Produktion und Logistik. Das hat es früher nicht gegeben, als das Meiste hinter verschlossenen Türen stattgefunden hat. Kunden und Partnern wird heute teilweise tiefer Einblick gewährt in die Geschäftstätigkeit.

Die Redaktion von BTH Heimtex konnte sich davon einen Eindruck verschaffen während der Recherchereise durch die flämische und niederländische Bodenbelagsindustrie zu Beginn des Sommers. IVC beispielsweise lädt Kunden aus der ganzen Welt ein, um in seinem neuen, beeindruckenden Flooring Development Center in Flandern an neuen Kollektionen, Produkten und Projekten gemeinsam zu arbeiten. Betaps neues Empfangsgebäude im niederländischen Genemuiden lässt kaum darauf schließen, dass es sich bei dem Unternehmen um einen Hersteller von textilen Böden handelt. Auch hat niemand damit gerechnet, dass Betap Teppichboden und Kunstrasen entwickelt, die aus einem einzigen Rohstoff bestehen und damit sortenrein und sehr nachhaltig sind. Dafür haben die Niederländer unter anderem in eine neue, innovative Beschichtungsanlage investiert.

Die hohen Investitionen, die dafür nötig waren, haben diese Unternehmen getätigt, um auch in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben. Wie die Hersteller das konkret schaffen wollen, lesen Sie in den ausführlichen Porträts aller acht Unternehmen auf den folgenden Seiten. Die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus unseren Gesprächen sind folgende:

1. Designbeläge/LVT
Vielfalt bei Rigid-/Multilayerprodukten überfordert den Markt

Rigid- beziehungsweise Multilayerdesignbeläge sind ursprünglich angetreten als technisch sichere Alternative für die in speziellen Einsatzgebieten an ihre Grenzen stoßenden klassischen Vollvinyl-Klickbeläge. Die starren Produkte sorgen im Handel mittlerweile aber häufig für Überforderung. Materialzusammensetzungen, Aufbau- und Konstruktionsarten sind sehr vielfältig geworden und haben nicht nur Vorteile. Die neuesten Varianten bestehen aus bis zu zwölf Schichten und versprechen, keine Schwächen mehr zu haben.

2. CV-Beläge
Bleiben unter ihren Möglichkeiten

Cushion Vinyl hat viele Vorteile: großflächige Designs, gute Reinigungseigenschaften, strapazierfähig im Wohnbereich. Der Handel zeigt die Rollenware aber immer weniger und setzt - so die Meinung der Lieferanten - zu stark auf LVT. CV bleibt unter diesen Bedingungen vor allem im Großhandel unter seinen Möglichkeiten. Denn im Grunde genommen ist der aufgeschäumte Belag ein Produkt für den Profi-Handwerker. Und der Großhandel hätte das Potenzial, CV in Zukunft wieder besser zu vermarkten.

3. Teppichboden I
Neues Denken, neue Preisgestaltung

Während der Teppichbodenabsatz über den stationären Handel an Endverbraucher weiter sinkt, sieht die Situation im deutschsprachigen Großhandel besser aus. Aus Sicht speziell der belgischen Hersteller stehen sich viele deutsche Händler in der Vermarktung aber selbst im Wege. Der Vorwurf sowohl von großen als auch von kleineren Lieferanten: Die Preiskalkulationen werde nicht ausreichend dem veränderten Nachfrageverhalten angepasst. Das sorgt mittlerweile bei den Herstellern für Frust. Hier sei neues Denken gefragt. Zumal - zweiter Vorwurf - vielfältige und moderne PoS- und Vermarktungskonzepte bereit stünden, aber vom Handel nicht konsequent genutzt würden.

4. Teppichboden II
Online tut sich was

Teppichboden und Internet? Das geht nicht zusammen! So die weit verbreitete Meinung in der Branche. Doch in der Online-Vermarktung der textilen Beläge tut sich etwas. Das bestätigen sowohl Hersteller als auch der Spediteur Verhoek, der von Endkonsumenten in Internetshops gekaufte textile Ware zunehmend auch bis vor die Haustür transportiert. Hornbach, Kibek, aber auch inhabergeführte Fachmärkte machen Teppichboden online sichtbar. Die Verantwortlichen wirken mit dieser neuen Strategie ein Stück weit dem Problem des Frequenzmangels in ihren stationären Ausstellungen entgegen.

5. Kunstrasen
Teppichboden wird überholt

"Die warme Dusche des Textiliten", nennt ein Vertriebsleiter die Marktentwicklung von Kunstrasen in D/A/CH. Was er damit ausdrücken will: Tufting-Kunstrasen wird in vielen Vertriebskanälen von Jahr zu Jahr beliebter - darunter auch der Holz- und Baustoffhandel. Und weil die Verkaufspreise in Discount und DIY die von Teppichboden mittlerweile übersteigen, hat die Dynamik in diesem Sortiment eine neue Qualität erreicht. Logische Folge: Fast alle Hersteller in Belgien und den Niederlanden verstärken ihre Aktivitäten im "grünen Bereich". | jochen.lange@snfachpresse.de
aus BTH Heimtex 09/19 (Bodenbeläge)