Fachwissen: Was ist ein Öl? Imprägnierungen und Beschichtungen – Die Übergänge sind fließend



Unter dem Begriff "Öl" werden für die Oberflächenbehandlung sehr unterschiedliche Produkte gehandelt - und oftmals unter verschiedensten Aspekten mit dem Begriff der Nachhaltigkeit verbunden. Was ein Öl ist, und warum es sich technisch eher über das Fließverhalten als über die Zusammensetzung definieren lässt, erklärt der Chemiker Dr. David Reindl.

Unter dem Begriff "Öl" werden für die Behandlung von Holzoberflächen sowohl Imprägnierungen als auch Beschichtungen in unterschiedlichen Zusammensetzungen gehandelt. Allgemein geht es bei der Imprägnierung um das, was im Holz ist. Bei der Beschichtung hingegen um das, was auf dem Holz ist. In das Holz kann man zunächst einmal sehr viele Substanzen bringen: Lösemittel ohne merkliche Flüchtigkeit, Salatöle, Isocyanate, die Liste ist beliebig. Man erkennt die Imprägnierung optisch zunächst an der hohen Anfeuerung. Insofern ist die Holzbenetzung mit Wasser beim Wasserlackauftrag auch eine Imprägnierung, allerdings nur einer temporäre, denn das Wasser verdunstet ja wieder und das Holz wird hell. Die verbleibende Lackschicht hat offensichtlich keinen imprägnierenden Charakter. Verdunstet das Imprägniermittel nicht, reagiert aber auch nicht chemisch weiter, so kann es im Laufe der Zeit in tiefere Holzregionen wegschlagen bzw. auch aus dem Holz wieder herausgezogen werden. Durch chemische Reaktion nach Eindringen in das Holz wird das Imprägniermittel im Holz fixiert.

Zusammensetzung von Imprägnierölen

Im engeren Sinne besteht ein in der Oberflächentechnik akzeptables Imprägnieröl im allgemeinen aus Pflanzenölen mit stark ungesättigtem Charakter, zum Beispiel Distel-, Lein-, Hanf- oder Holzöle sowie deren Derivaten. Ungesättigte Pflanzenöle können auf molekularer Ebene miteinander vernetzen, sie "verharzen". Ist das Öl verharzt, können die Moleküle ihren Ort der Imprägnierung nicht mehr verlassen -die Imprägnierung ist permanent, also fixiert und stabil. Für diese Verharzungsreaktion benötigen ungesättigte Pflanzenöle Sauerstoff, man spricht von oxidativer Trocknung.

Den Sauerstoff bekommt das Öl aus der Luft, insofern ist Luftbewegung zum Sauerstofftransport an die geölte Oberfläche für die oxidative Trocknung förderlich. Zur Beschleunigung der Reaktion wird als Sikkativ Kobalt zugesetzt. Durch weitere Zusätze - Lösemittel, Wachse, Alkyde, Kieselsäuren etc.) - können die Eigenschaften eines Imprägnieröls herstellerspezifisch optimiert werden.

Verarbeitung von Imprägnierölen

Es gibt zwei goldene Regeln für die Verarbeitung von Imprägnierölen - erstens: Was das Holz aufnimmt, muss es auch bekommen. Und zweitens: Was das Holz nicht aufnimmt, muss noch nass wieder abgenommen werden. Bei Beachtung dieser Regeln kann auf verschiedene Arten geölt werden. Bei der Erstimprägnierung werden die Öle mit der Spachtel aufgetragen und anschließend mit der Einscheibenmaschine auspoliert. Die Spachtel ist das bevorzugte Arbeitsgerät, um nicht zu viel überstehendes Material aufzutragen, das anschließend aufwendig wegpoliert werden müßte. Es sind allerdings auch andere Auftragsweisen möglich: Rollen, Streichen, Wischen, Tauchen oder Spritzen können sich in verschiedenen Anwendungsfällen durchaus empfehlen, zum Beispiel bei stark saugenden Untergründen oder Böden mit starkem Fugenbild.

Die Saugfähigkeit des Holzes muss in jedem Fall vor dem Auspolieren abgesättigt werden, damit keine optischen Spuren aus dem Auftrag verbleiben. Da mit der Imprägnierung der Schutz des Holzes von Innen kommt, ist ein stärker imprägniertes Holz besser geschützt ist als ein weniger stark imprägniertes. "Sparsamer Verbrauch" ist daher nicht unbedingt für das Ergebnis vorteilhaft. Auch deshalb wurden Vorbehandlungstechniken wie das Laugen oder Wässern entwickelt, die die Saugfähigkeit der Oberfläche vor dem Ölen erhöhen.

Bei Verwendung lösemittelarmer Öle ist im Idealfall davon auszugehen, dass die Oberfläche mit dem ersten Auftrag vollständig imprägniert ist, da nichts verdunstet, was anschließend wieder ersetzt werden müsste. Mit optionalen weiteren Arbeitsschritten kann dann nur noch die Erscheinung der Oberfläche optimiert werden - der Glanzeindruck und die Fülligkeit. Dabei ist auch die Poliertechnik entscheidend: Gröbere Pads erzeugen eher matte Oberflächen, Poliertücher erzeugen Glanz.

Die oxidative Trocknung von Ölen ist eine vergleichsweise langsame chemische Reaktion. Die meisten Hersteller stellen ihre Produkte so ein, dass unter Normalbedingungen im Tagesrhythmus gearbeitet werden kann. Klimatische Bedingungen - Feuchtigkeit, Temperatur und Luftbewegung - beeinflussen die oxidative Reaktion. Dabei entstehende Abspaltungsprodukte des Öls können stark riechen. Oft sind es nämlich nicht die Lösemittel, sondern das Öl selbst erzeugt Gerüche. Mit zunehmender Aushärtung lässt der Geruch jedoch nach.

Durch das Auspolieren erhält das Holz seine offenporige natürliche Note. Die Holzfaser selber bestimmt die Oberfläche. Die Imprägnierung kann also keinen mechanischen Schutz geben - sie schützt vor Wasser und vor Schmutzanhaftung. Aus diesem Grund ist es wichtig, imprägnierte Oberflächen richtig zu pflegen. Das endgültige Oberflächenbild geölt-imprägnierter Holzböden ergibt sich im allgemeinen erst durch Gebrauch, Reinigung und Pflege.

Vom Imprägnieröl zum Öl-Kunstharz-Siegel

Trägt man zum Beispiel einen Leinölfirnis schichtbildend auf, so bekommt man eine weiche runzelige Oberfläche mit niedriger Beständigkeit. Durch chemische Modifikation können die Eigenschaften der oxidativen Trocknung von Pflanzenölen auf Kunstharze, sogenannte Alkyde, übertragen werden. Ein ölmodifiziertes Alkyd ist ein Öl-Kunstharz.

Alkyde haben deutlich größere Moleküle als Pflanzenöle und sind dick- bis zähflüssig oder hart. Sie können das Holz also nicht so gut imprägnieren, die Imprägniertiefe nimmt ab. Als Verarbeitungshilfe verdünnt man Alkyde mit Lösemitteln. Mit Kieselsäuren oder Wachsen wird der Lack mattiert, Additive regeln die Schaumneigung und den Verlauf. Am Boden wird der Öl-Kunstharz-Lack großflächig gleichmäßig mit der Rolle verteilt und gibt dem Holz Schutz vor Wasser und mechanischer Belastung durch die sich bildende getrocknete Lackschicht. Populär wurden diese Lackierungen wegen einfacher Reinigung und Pflege.

Dünnschicht-Lackierungen

"Öl" ist im Gegensatz zu häufiger Annahme nicht synonym mit Imprägnierung. Daher werden bei vielen Herstellern auch schichtbildende Alkyd-Systeme unter dem Überbegriff Öl vertrieben, denn eine normative Festlegung gibt es nicht. Seitens der Anwendungstechnik erkennt man die Beschichtung am besten daran, dass überstehendes Nass-Material nicht auspoliert wird und auch oft ein zweiter Auftrag mit der Rolle oder dem Streicher empfohlen wird. Populär sind zum Beispiel dünnschichtig aufgetragene, stark mattierte Alkyd-Systeme, die optisch ein sehr natürlich wirkendes Oberflächenbild ergeben und aufgrund des Schichtaufbaus als leicht zu reinigen gelten. Es muss an dieser Stelle aber darauf hingewiesen werden, dass es für diese Produkte aufgrund des hohen Lösemittelgehalts eine Substitutionspflicht nach TRGS 617 gibt.

Pigmentierte Öle

Pigmentierungen zur transparenten Flächenanfärbung haben sich lange Zeit im Fußbodenbereich nicht durchsetzen können. Grund hierfür ist der Überlappungsbereich beim Rollen oder Streichen eines Färbemittels, in welchem mit höherer Farbgebung zu rechnen ist. Durch das Auspolieren mit der Einscheibenmaschine gibt es bei der Anwendung von Imprägnierölen keine Überlappungsbereiche, insofern haben sich pigmentierte Coloröle als "Ölbeizen" etabliert. Voraussetzung für eine gleichmäßige Färbung des Bodens ist eine gleich gute Saugfähigkeit des Holzes. Dies bedingt natürlich auch, dass imprägnierungshemmende Reste auf der Oberfläche sauber ausgeschliffen sein müssen - die Fläche muss ein weitgehend einheitliches Schleifbild aufweisen.

Zweikomponenten-Öle

Zur Verbesserung der Aushärtung werden 2K-Ölen während der Verarbeitung als Additiv Isocyanate zugesetzt. Die hauptsächliche Aushärtungsreaktion bleibt somit die oxidative Reaktion. Man erzielt aber unter günstigen Bedingungen eine Beschleunigung und vor allem eine deutlich gesteigerte Beständigkeit. Der Umgang mit Isocyanaten sollte aufgrund ihres Gefährdungspotenzials allerdings Fachleuten vorbehalten bleiben.

Eine hervorzuhebende Besonderheit aller oxidativ trocknenden Produkte ist deren Neigung, bei Wärmestau eine Selbstentzündung herbeiführen zu können, wenn sie sich fein verteilt auf brennbaren Oberflächen befinden, zum Beispiel auf Tüchern oder Schleifstaub. Dies führt immer wieder zu Brandfällen. Abhilfe schafft ganz einfach Wasser: Das ölgetränkte Tuch oder den Schleifstaub nach der Arbeit mit Wasser gut befeuchten und im Plastiksack im Freien bis zur Entsorgung zwischenlagern.


Zusammenfassung
-Bei der Imprägnierung geht es um das, was im Holz ist. Bei der Beschichtung hingegen um das, was auf dem Holz ist.
-Akzeptable Imprägnieröle bestehen aus stark ungesättigten Pflanzenölen, zum Beispiel Distel-, Lein- oder Hanföl.
-Für die Verharzung (= Fixerung) benötigen ungesättigte Pflanzenöle Sauerstoff; diese Reaktion nennt man oxidative Trocknung.
-Für die Verarbeitung von Imprägnierölen gibt es zwei goldene Regeln: 1. Was das Holz aufnimmt, muss es bekommen. 2. Was das Holz nicht aufnimmt, muss noch nass wieder abgenommen werden.
-Bei Imprägnierölen ist sparsamer Verbrauch nicht unbedingt vorteilhaft für das Ergebnis.
-Bei lösemittelarmen Ölen ist im Idealfall die Oberfläche mit dem ersten Auftrag vollständig imprägniert.
-Die Eigenschaften der oxidativen Trocknung können von Pflanzenölen auf Kunstharze (Alkyde) übertragen. Ein ölmodifiziertes Alkyd ist ein Öl-Kunstharz.
-Seitens der Anwendungstechnik erkennt man die Beschichtung am besten daran, dass überstehendes Nass-Material nicht auspoliert wird.
-Dünnschichtige, mattierte Alkyd-Systeme ergeben ein sehr natürlich wirkendes Oberflächenbild und sind leicht zu reinigen. Aber: Aufgrund des hohen Lösemittelgehalts gibt es eine Substitutionspflicht nach TRGS 617
-Eine Besonderheit aller oxidativ trocknenden Produkte ist die Neigung, sich bei Wärmestau selbst zu entzünden, wenn sie sich fein verteilt auf brennbaren Oberflächen befinden
aus Parkett Magazin 03/19 (Handwerk)