Vision Wood

High Tech-Holz aus Schweizer Laboren


Wasserabweisendes Holz? Magnetisches? Leitfähiges? Geht alles. In der Schweiz experimentieren Wissenschaftler mit neuen Holzmaterialien und -bearbeitungsverfahren und sind dabei auf vielversprechende Ergebnisse gekommen.

Holz ist ein faszinierender Werkstoff mit vielen Vorteilen, zudem nachhaltig und nachwachsend, hat als Naturmaterial aber keine standardisierten Eigenschaften, was den Einsatz in bestimmten Bereichen erschwert. Die Schweiz hat in den vergangenen fünf Jahren umgerechnet 15 Mio. EUR in ein nationales Forschungsprogramm investiert, das die industrielle Verwendung von Holz befördern soll.

Holzwissenschaftler an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstaltung (Empa) in Zürich sowie der benachbarten technische Hochschule (ETH) arbeiten an spannenden Entwicklungen. In der Experimentier-WG Vision Wood werden einige der High Tech-Holzprodukte auf Praxistauglichkeit getestet. Zum Beispiel hydrophobes Holz. Duschwand und Waschbecken sind daraus gefertigt - und auch nach einem Jahr zeigen sie keine Anzeichen von Schimmel oder Fäulnis. Dabei ist das wasserabweisende Buchenholz an der Oberfläche unbehandelt; das Geheimnis ist die feine Metalloxidschicht darunter. "Der Trick ist, dass wir das Metall so fest in den Holzzellen verankern, dass es nicht abwaschen kann", sagt Tanja Zimmermann von der Empa.

Ein kleines Küchenmesser bleibt an
der Holzplatte hängen

Eine Variation dieser Technik macht das Holz magnetisch. Dafür sorgen Eisenoxidpartikel, die sich in Faserrichtung anordnen. Ein kleines Küchenmesser bleibt direkt an der Holzplatte hängen. Dauerhaft keimfrei wird Holz mit Jod, das über über ein Enzym fest in der Oberfläche verankert wird. High Tech-Holz kann auch omniphob sein, das heißt wasser- und ölabweisend. Wie? Durch Kunststoffeinlagerungen zwischen den Zellwänden. Das funktionale Holz lässt sich normal verarbeiten und seine besonderen Eigenschaften bleiben dauerhaft erhalten, versichern die Schweizer. Und weil die eingebrachten Stoffe ungiftig sind, kann man es am Ende seiner Lebenszeit problemlos recyceln oder verbrennen.

Für den Einsatz beim Bau konzipiert sind kreuzweise verleimte Buchenfurniere. Ihre Oberfläche ist nicht glatt, sondern mit unterschiedlichen Auskerbungen versehen. Damit dienen sie als Schalung für Wände und Geschossdecken. Der flüssige Beton füllt die Kerben aus und bildet so eine feste Verbindung mit dem Holz. Ist der Beton ausgehärtet, wird die Schalung nicht wie üblich entfernt, sondern ihre glatte Holzseite bleibt als Wand oder Decke sichtbar. "Das Holz ist sehr formstabil und das Gewicht gegenüber normalem Stahlbeton halbiert", argumentiert Andrea Frangi von der ETH. Die Holz-Beton-Platten weisen exakt definierte Eigenschaften auf - das ist die Voraussetzung für eine industrielle Verwendung. Aber noch sind sie zu teuer.

Buche ist unternutzt

In der Versuchswohnung Vision Wood wird Buchenbrettsperrholz als tragende Konstruktion eingesetzt. Buche sei unternutzt, erklärt Zimmermann, dabei habe das Holz viele gute mechanische Eigenschaften und man könne es dünner und schlanker dimensionieren als beispielsweise Fichte. Der Nachteil des Laubbaumes, die Empfindlichkeit gegenüber Temperatur und Feuchtigkeit, werde durch die kreuzweise Verleimung der Sperrholzplatten kompensiert. An der Fassade wurde das Buchenholz zusätzlich mit einer Mischung feinster Zellulosefasern und Zinkoxid behandelt, um es möglichst unempfindlich gegenüber der UV-Strahlung der Sonne zu machen.

Dutzende neuer Holzmaterialien und -bearbeitungsverfahren sind in den vergangenen Jahren in den Schweizer Laboren entstanden. Die Holzwissenschaftler haben die Kieselsäuere im Silikon durch Zellulose ersetzt, Holz elektrisch leitend gemacht, antimikrobiell, mit Sägemehl als Sandersatz einen besonders leichten Beton geschaffen, aus Zellulose Filtermembrane, Schwämme und Barrierepapiere hergestellt, die Wasser von Schwermetallen, Öl und Pestiziden reinigen, und das Aluminium in Getränkekartons ersetzen können. Und sie haben Schweizer Bergahorn mit Hitze und Druck so weit verdichtet, dass er so hart und feuchtigkeitsbeständig wie Tropenholz wird - das Verfahren kommt allerdings bekannt vor...
Quelle: "DIE ZEIT" Nr. 21/18
aus Parkett Magazin 04/18 (Holz)