Prof. Dr. Rainer Marutzky, IVTH, über Wohngesundheit

"Natürliche Emissionen aus Hölzern sind kein Problem"


"Wohngesundheit" und "Innenraumluft-Hygiene" sind Anforderungen an Baustoffe und Gebäude, die immer bedeutsamer werden. Auch der nachhaltige Rohstoff Holz wird diesbezüglich unter die Lupe genommen - insbesondere, was Emissionen und deren gesundheitliche Auswirkungen betrifft. Prof. Dr. Rainer Marutzky, bis 2010 viele Jahre lang Leiter des Fraunhofer-Instituts für Holzforschung, WKI, heute Obmann des Gutachter-Ausschusses beim Internationalen Verein für technische Holzfragen, erläuterte in einem umfassenden Vortrag, welche Stoffe überhaupt aus Holz und Holzwerkstoffen emittieren, wie diese gesundheitlich einzuschätzen sind und wie die rechtlichen Rahmenbedingungen aussehen.

Holz und Holzwerkstoffe gasen verschiedene flüchtige organische Verbindungen (VOC, Volatile Organic Compounds) aus; Rohholz in erster Linie Terpene (nur Nadelhölzer, keine Laubhölzer), die für den typischen Holzduft verantwortlich sind. Holzwerkstoffe zeigen einen erhöhten Anteil an Aldehyden. Außerdem enthält Holz von Natur aus geringe Mengen der organischen Verbindung Formaldehyd, die auch als Klebstoffbestandteil in Holzwerkstoffen vorkommen kann - und als krebserregend gilt.

Zur Abgabe von Formaldehyd bei Holzprodukten (gilt für klassische Holzwerkstoffe) und organischer Stoffe bei Bauprodukten (gilt für Parkett und Laminatböden) gibt es in Deutschland bauaufsichtliche Regelungen. Aber: Nationale Zulassungen sind seit 2016 aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes nicht mehr zulässig. "Derzeit versuchen DIBt und das Bundesumweltministerium, die nationalen Regelungen im Rahmen einer Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen abzusichern und zu erweitern", berichtete Marutzky. Wobei er explizit darauf verwies, dass das CE-Kennzeichen kein Gütesiegel sei, sondern nur die Konformität mit der Gesetzeslage dokumentiere. "Für erweiterte Kundenanforderungen sind daher Gütesiegel wie der "Blaue Engel" oder das QDF-Gütesiegel wichtig."

Hinsichtlich möglicher gesundheitlicher Konsequenzen der Emissionen aus Holz und Holzwerkstoffen gab Marutzky ganz klar Entwarnung, sowohl was VOC, als auch Formaldehyd anbetrifft. Alle Hölzer gäben natürliche VOC ab, Nadelhölzer mehr als Laubhölzer. Diese VOC-Emissionen seien unbedenklich und würden mit der Zeit abnehmen. Auch VOC-Einträge durch Klebstoffe seien nicht gegeben, da heute fast alle Klebstoffe wasserbasiert seien. Lediglich bestimmte Lacke und Imprägnierungen könnten VOC enthalten. Ebenso würden Hölzer "in Spuren" natürliches Formaldehyd abgeben . "In Spuren" bedeutet: "Die Emissionswerte liegen um das 50- bis 200-fache unter der Wirkgrenze von 1 mg/m3". Beschichtete Holzwerkstoffe, zum Beispiel Laminatböden, würden vergleichbare Werte aufweisen. Marutzkys klares Fazit: "Natürliche Emissionen aus Hölzern sind kein Problem."
aus Parkett Magazin 05/17 (Holz)