Fachanwalt Andreas Hanfland informiert - Wenn der Generalunternehmer nicht zahlen will:

Die Durchgriffsfälligkeit nach § 641 Abs. 2 BGB


Einleitung: In der "Unternehmerkette" kommt es häufig vor, dass der Bauherr gegenüber dem Generalunternehmer die Leistung des Subunternehmers bereits abgenommen bzw. bezahlt hat. Dennoch leistet der Generalunternehmer aber nicht an den eigentlichen Ersteller des Gewerkes, den Subunternehmer. Zur Veranschaulichung folgendes Beispiel:

Der Fall: Der Bodenleger verlegt als Subunternehmer für den Generalunternehmer in einem Krankenhaus auf allen Etagen des Neubaus Linoleumboden. Der Bauherr ist mit der Leistung zufrieden und zahlt dem Generalunternehmer die vereinbarte Vergütung. Als der Bodenleger nun von dem Generalunternehmer ebenfalls die Vergütung seiner Leistung verlangt, weigert dieser sich und meint, er habe das Gewerk gegenüber dem Bodenleger nicht abgenommen. Die Abnahme sei aber Fälligkeitsvoraussetzung für die Werklohnforderung.

Die Argumentation: Meist wird dann seitens des Generalunternehmers dahingehend argumentiert, dass es sich bei den Verträgen zwischen Bauherrn und Generalunternehmer sowie zwischen Generalunternehmer und Subunternehmer um eigenständige und voneinander unabhängige Vertragsverhältnisse handelt. Mit anderen Worten: Nur weil der Bauherr an den Generalunternehmer die Vergütung zahlt, muss dieser nicht automatisch an den Subunternehmer leisten. Das ist jedoch falsch. § 641 Abs. 2 BGB regelt die so genannte Durchgriffsfälligkeit.

Durch die Durchgriffsfälligkeit wird die Fälligkeit der Vergütung unter gewissen Umständen von der Abnahme gelöst. Die Vergütung des Subunternehmers wird fällig, wenn der Generalunternehmer von dem Bauherren bereits (Teil-)Zahlungen auf die Leistung des Subunternehmers erhalten hat. Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung.

Die Norm:
§ 641 Abs. 2 BGB lautet:
(2) Die Vergütung des Unternehmers für ein Werk, dessen Herstellung der Besteller einem Dritten versprochen hat, wird spätestens fällig,
1. soweit der Besteller von dem Dritten für das versprochene Werk wegen dessen Herstellung seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat,
2. soweit das Werk des Bestellers von dem Dritten abgenommen worden ist oder als abgenommen gilt oder
3. wenn der Unternehmer dem Besteller erfolglos eine angemessene Frist zur Auskunft über die in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Umstände bestimmt hat.

Der Subunternehmer hat danach immer dann einen fälligen Vergütungsanspruch gegen den Generalunternehmer, wenn:
1. der Generalunternehmer vom Bauherrn seine Vergütung oder Teile davon erhalten hat
2. der Bauherr gegenüber dem Generalunternehmer das Werk abgenommen hat oder es als abgenommen gilt oder
3. der Subunternehmer dem Generalunternehmer erfolglos eine angemessene Frist zur Erteilung einer Auskunft über die vom Bauherrn erklärte Abnahme oder die Leistungen von Zahlungen gesetzt hat.

Besonderes Augenmerk ist auf die Ziffer 3 zu legen. Da der Subunternehmer an dem Werkvertrag zwischen Generalunternehmer und Bauherrn nicht beteiligt ist und von diesen Vorgängen keine Kenntnis hat, hat der Gesetzgeber den § 641 Abs. 2 BGB um den Auskunftsanspruch erweitert. Die Konsequenz einer nicht erteilten Auskunft ist weitreichend:

- Wird der Auskunftsanspruch im Sinne der Ziffer 3 nicht beantwortet, wird die Nachunternehmerleistung zur Zahlung fällig.
- Im Fall der Ziffer 1 wird nur der Teil der Vergütung des Subunternehmers fällig, der dem an den Generalunternehmer geleisteten Teil entspricht.
- Im Fall der Ziffer 2 wird der Teil der Vergütung fällig, der auf die abgenommene Leistung entfällt.

Weiteres Beispiel: § 641 Abs. 2 BGB findet auch auf die Fälle Anwendung, in denen keine vollständige Leistungsidentität der Arbeiten des Subunternehmers mit den Arbeiten besteht, die der Generalunternehmer dem Bauherrn schuldet. Beispiel: Der Generalunternehmer schuldet dem Bauherrn die Fertigung einer Stahlkonstruktion. Der Subunternehmer schuldet dem Generalunternehmer lediglich die Bearbeitung des Stahls. Hier gilt ebenfalls: Die Vergütung des Subunternehmers wird spätestens dann fällig, soweit der Bauherr den Generalunternehmer wegen dessen Herstellung vergütet hat OLG Düsseldorf, Urteil vom 08.04.2011, Az.: 22 U 165/10 und Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 29.04.2013, Az.: VII ZR 108/11.
aus FussbodenTechnik 05/13 (Recht)