HGH India 2012

Messe für den indischen Einrichtungsmarkt

Mumbai - Der indische Einrichtungsmarkt wächst stark. Das niedrige Durchschnittsalter der Bevölkerung und das starke wirtschaftliche Wachstum haben zu einem Bau- und Einrichtungsboom geführt, weil viele neue, junge Familien gegründet werden. Die HGH India 2012, eine neue Fachmesse in Mumbai, trägt der steigenden Nachfrage von Fachgeschäften, Department-Stores und anderen professionellen Distributionskanälen Rechnung. Die Haustex war vor Ort und berichtet über eine neue Exportplattform für Anbieter von Haustextilien.

Wir sind völlig überrascht wie gut diese neue Messe läuft", berichtet Jerome Avenel vom Einrichtungsunternehmen Designers Guild. Man war zum ersten Mal auf der HGH India und stieß dort auf großes Interesse. Avenel war neben dem Repräsentanten des Textilverlags Zimmer & Rohde der einzige Europäer auf der neuen indischen Textil- und Einrichtungsmesse. Die positive Überraschung über die Anzahl und Qualität der Kontakte war bei Ausstellern und Besuchern weit verbreitet. "Stimmung und Effektivität zeigen, wie sehr der Markt eine professionelle Plattform für die Inlandsdistribution gesucht hat", fasste Arun Roongta zusammen, der Organisator der Messe. HGH steht für Heimtextilien und Heimdekoration, Geschenke und Haushaltswaren.

Etwa 140 Kollektionen aus den Bereichen Heim- und Haustextilien, Heim- und Tischdekoration, Geschenke und Haushaltswaren wurden etwa 6.200 Einkäufern aus 140 Städten Indiens präsentiert. Dadurch konnten sowohl Einkäufer von Fachgeschäften beispielsweise für Bett- und Tischwäsche angesprochen werden, als auch die großen indischen Department Stores Shoppers Stop oder Future Group bis hin zu Möbelhändlern, die ihre Fachsortimente bestücken wollten. "HGH präsentiert die ganze Palette indischer und internationaler Einrichtungsprodukte, sodass wir Händler Lifestyle-Konzepte sehen können", berichtete Jagdish Kandelwal, Inhaber des traditions- und einflussreichen Einrichtungsgeschäfts Jagdish Stores.

Etwa 50 Prozent der Aussteller zeigten Heim- und Haustextilien. Die bekannten indischen Anbieter wie beispielsweise Welspun, Portico New York oder Maspar, alle auch Aussteller auf der Pariser maison & objet oder Heimtextil, waren ebenso vertreten wie die internationalen Marken Zimmer & Rohde, Tom Tailor, Benetton, Designers Guild oder Spirella. Insbesondere Maspar zeigte durchdachte, harmonische textile Komplettlösungen für die Zimmereinrichtung von der Bettwäsche bis zum Zierkissen. Das Qualitätsniveau der Kollektionen war mittel bis hoch, nicht zuletzt, weil die indischen Einkäufer und Konsumenten viel von Textilien verstehen. "So oft wie hier musste ich unsere Kollektion noch nie zeigen und im Detail erklären", sagte Jerome Avenel von Designers Guild. Neben dem starken Focus auf Importe aus Europa, Amerika und Asien (Japan, Thailand), wurde auch der typisch indische Einrichtungsstil abgedeckt. Ratan Textiles etwa ist spezialisiert auf alle Textilien für Bett, Bad und Tisch. Das Design nimmt die reiche indische Tradition in Dessins und Farben auf und interpretiert sie für den modernen Lebensstil. Auch die für Indien typischen handgewebten und handgearbeiteten Produkte wurden gezeigt u.a. von Shabari.

Auch Matratzen und Bettwaren stellten ein gesuchtes Thema dar. Herausragend war Hush India, die sich bei der Ausstattung von Luxushotels einen Namen gemacht haben und ihren Auftritt bei der HGH auf die Präsentation von Matratzen und Bettwaren für den Einzelhandel konzentrierten. Unterstützt wird der Einzelhandel durch Schlafstudios, die Hush in den Zentren Indiens einrichtet. Eher für den breiteren Markt konzipiert ist Recron Certified, die zur Reliance Gruppe zählen (kurzzeitig auch Eigentümer von Trevira), und ein breites Angebot von Kopfkissen, Decken und Matratzenschutzprodukten zeigten. Bei Spreadhome waren auch Kopfkissen mit Tencel zu sehen.

Der indische Mittelstand wächst schnell. Die renommierte englische Marktforschungsgesellschaft Fast Future Research erwartet zwischen 2009 und 2015 einen Anstieg des konsumfreudigen und einkommensstarken Mittelstandes von sechs Prozent der Bevölkerung auf etwa 16 Prozent und für 2025 gar auf 46 Prozent. Das wären für 2015 rund 180 Mill. Personen, die vornehmlich in Städten wohnen und weit mehr Geld zur Verfügung haben als noch 2006. Das städtische Indien verändert sich in einem für deutsche Verhältnisse rasanten Tempo. Das betrifft die Ansprüche der Konsumenten und Käufer, die Distributionsstrukturen wie auch den Einzelhandel in seinen verschiedenen Formen. Aber auch rein quantitativ liegen die Wachstumsraten bei sechs bis zehn Prozent im Jahr. Die bekannte indische Beratungsgesellschaft im textilen Bereich, Technopak, sieht bis 2021 einen Anstieg des Marktes für Heim- und Haustextilien von durchschnittlich acht Prozent pro Jahr. Dabei steigt die Nachfrage nach Deko- und Möbelstoffen sowie Teppichen etwas stärker an als für Bettwäsche und Handtücher (siehe Schaubild "Wachstum des indischen Heimtextilienmarktes). Verbunden ist dieser Anstieg mit einem rasanten Wachstum des formellen, strukturierten Einzelhandels in Form von Geschäften und professionellen Strukturen wie wir sie kennen, zu Lasten des informellen Handels ohne Kassenbon und EDV-System.

Es mag sich für Europäer mit ihrem reichlichen Messeangebot seltsam anhören, aber Indien hatte bisher keine auf den Binnenmarkt konzentrierte Textil- und Einrichtungsmesse. Das liegt an zwei Gründen: Zum einen hat sich der indische Einrichtungsmarkt erst in den letzten etwa fünf Jahren professionalisiert. Zum anderen sind die indischen Unternehmen immer noch stark auf den Export fokussiert. Die indischen Einrichtungsmessen, wie zum Beispiel die IHGF in Delhi, kümmerten sich deshalb entweder um die Einkäufer aus Amerika, Europa oder Asien, oder es waren Publikumsmessen. HGH India ist somit laut Organisator die erste Messe, die sich vollkommen auf den professionellen Einzelhandel in Indien konzentriert. Tarin Gupta, Inhaber des Einrichtungsstudios Orion in Hyderabad, sagte: "HGH ist sehr wertvoll für die gesamte Einrichtungs-Community in Indien. Anstatt zu internationalen Messen fahren zu müssen wie Evteks (Türkei), maison & objet (Frankreich) oder Heimtextil, haben wir nun eine eigene Sichtungs- und Einkaufsplattform für unseren Heimmarkt bekommen."
aus Haustex 10/12 (Haustextilien)