Heimtextilien-Industrie 1. Halbjahr 2009

Kauflust der Verbraucher gedämpft

Wuppertal - Die internationale Finanzkrise zog eine der schwersten Wirtschaftskrisen seit Jahrzehnten nach sich. So ging die deutsche Wirtschaft mit deutlich gedämpften Erwartungen ins Jahr 2009.

Bislang rechnen Bundesregierung und führende Wirtschaftsforschungsinstitute mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsproduktes von ca. 6 Prozent für das Gesamtjahr 2009. Als langjähriger Exportweltmeister hängt die deutsche Industrie fest am Tropf der Auslandsmärkte. In vielen Ländern sind die Märkte noch deutlich stärker eingebrochen als in Deutschland. Damit versteht sich, dass insbesondere das heimische Exportgeschäft unter der Rezession auf den Weltmärkten leidet. Die deutschen Exporte sind im ersten Halbjahr um fast ein Viertel zurückgegangen.

Anders stellt sich die Situation im Inland und hier beim privaten Konsum dar. Dieser wirkte in den letzten Monaten als Konjunkturstütze. Neben dem ruhigen Preisklima trugen auch einzelne Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen dazu bei, die verfügbaren Einkommen zu erhöhen und damit den Konsum insgesamt betrachtet in Gang zu halten. Allerdings muss genau hingeschaut werden. Denn nicht jeder konsumnahe Wirtschaftszweig profitierte. Der Konsum wurde in konkrete Bahnen gelenkt. So wirkte sich insbesondere die Abwrackprämie positiv auf die Entwicklung des privaten Konsums aus. Die deutsche Heimtextilien-Industrie hat dagegen leider nichts von der Kauflust der Verbraucher gemerkt.

Wie der Verband der Deutschen Heimtextilien-Industrie e.V., Wuppertal, meldet, brach im 1. Halbjahr 2009 die Nachfrage nach Heimtextilien aus deutscher Produktion mit einem Minus von 17,4 Prozent dramatisch ein. Besonders problematisch ist auch die rezessive Wirtschaftslage auf wichtigen Auslandsmärkten. Hier verzeichneten die Unternehmen im 1. Halbjahr Einbußen von 25,3 Prozent. Ein zusätzlicher Hemmschuh für den Absatz deutscher Produkte im Ausland war vielerorts der starke Euro bzw. der schwache Dollar. Der Exportanteil der Heimtextilien-Industrie sank im bisherigen Jahresverlauf um knapp drei Prozentpunkte auf 27,0 Prozent. Auch im Inland verlief die Nachfrage nach Heimtextilien im 1. Halbjahr mit -14,0 Prozent spürbar schwächer als im Vorjahreszeitraum. Von der rezessiven Wirtschaftsentwicklung waren alle Produktsparten der deutschen Heimtextilien-Industrie betroffen. Ein Plus zeigte sich nur vereinzelt.

Die Sparte textile Bodenbeläge entwickelte sich im 1. Halbjahr um insgesamt 16,1 Prozent rückläufig. Gewebte Teppicherzeugnisse waren mit Umsatzeinbußen von 14,1 Prozent etwas weniger stark betroffen als die Produktgruppe der getufteten Teppicherzeugnisse (-6,3 Prozent). Gewebte Teppicherzeugnisse realisierten Umsatzeinbußen vornehmlich im Inland (-18,3 Prozent). Im Ausland wurde das Umsatzergebnis des Vorjahres zwar ebenfalls nicht erreicht. Mit -5,6 Prozent war die Umsatzlücke im Auslandsgeschäft jedoch vergleichsweise gering. Der Exportanteil verstärkte sich um mehr als drei Prozentpunkte auf 36,0 Prozent. Zufriedenheit zeigte sich im Webbereich hinsichtlich der Entwicklung des durchschnittlichen Preisniveaus (+2,7 Prozent). Qualität ist weiterhin ein entscheidendes Kaufkriterium. Bei den getufteten Teppicherzeugnissen brach insbesondere das Auslandsgeschäft ein (-25,7 Prozent) bei einem Rückgang der Exportquote um drei Prozentpunkte auf 22,6 Prozent. Das Inlandsgeschäft enttäuschte mit -13,1 Prozent. Sorgen bereitete den Unternehmen die erstmals seit Monaten bzw. einigen Jahren wieder rückläufige Entwicklung des durchschnittlichen Preisniveaus (-6,2 Prozent). Bleibt zu hoffen, dass dies nur ein Ausrutscher aufgrund der konjunkturell turbulenten Zeiten ist.

Die Produktgruppe Möbelstoffe für den Ausstattungsbereich traf der Konjunktureinbruch besonders hart. Aufträge und Umsatz entwickelten sich um knapp 30 Prozent und damit branchenüberdurchschnittlich rückläufig. Der Veloursbereich war stärker betroffen als der Bereich Flachgewebe. Auch bei den Möbelstoffen fehlten die Auslandsaufträge. Der Exportumsatz fiel um 35,0 Prozent niedriger aus als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Der Exportanteil verringerte sich um knapp drei Prozentpunkte auf 37,2 Prozent. Aber auch im Inland waren die Nachfrageeinbußen mit -26,3 Prozent gravierend. Positiv zu vermerken ist der stabile Verlauf des durchschnittlichen Preisniveaus im Bereich Flachgewebe. Im Veloursbereich zeigte sich sogar ein Aufwärtstrend.

Die Nachfrage nach Dekostoffen war ebenfalls merklich schwächer als im Vorjahr. Der Umsatzrückgang lag bei 14,3 Prozent. Bedruckte Dekostoffe waren deutlich stärker betroffen (-34,5 Prozent) als die uni-/buntgewebten Dekostoffe (-13,1 Prozent). Bei den uni-/buntgewebten Dekostoffen verlief die Inlandsnachfrage leicht unterdurchschnittlich rückläufig (-11,1 Prozent). Das Exportgeschäft war mit -16,2 Prozent stärker betroffen. Der Exportanteil lag mit 39,1 Prozent um 1,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Festzustellen war ein Anstieg des durchschnittlichen Preisniveaus. Im Bereich der bedruckten Dekostoffe war die Nachfragesituation im Inland mit -36,3 Prozent dagegen noch schwächer als im Ausland (-31,0 Prozent) bei einem Anstieg des Exportanteils auf 34,7 Prozent. Und konträr zu den uni-/buntgewebten Dekostoffen entwickelte sich das durchschnittliche Preisniveau rückläufig (-4,3 Prozent).

Mit einem Umsatzrückgang von durchschnittlich 7,3 Prozent behauptete sich die Gardinenindustrie im Kontext der übrigen Sparten vergleichsweise zufriedenstellend im 1. Halbjahr 2009. Das Inlandsgeschäft entwickelte sich hier mit -6,3 Prozent geringfügig unterdurchschnittlich rückläufig. -10,0 Prozent lauteten die Umsatzeinbußen im Export bei einem leichten Rückgang der Exportquote auf 26,6 Prozent.

Die Produktgruppe Bettwaren (Steppdecken und Kissen, gefüllt mit Naturhaaren und synthetischen Fasern) schloss das 1. Halbjahr 2009 mit einem Umsatzrückgang von 20,6 Prozent ab. Der Nachfrageknick setzte jedoch erst im 2. Quartal ein. April, Mai und Juni waren sehr schwache Monate für die Bettwarenindustrie. Am Ende des 1. Quartals hatte das jahresdurchschnittliche Umsatzergebnis dagegen noch ein positives Vorzeichen. Auch in der Bettwarensparte brach das Auslandsgeschäft überdurchschnittlich ein (-36,3 Prozent). Der Exportanteil verringerte sich ebenfalls deutlich um knapp sechs Prozentpunkte auf 24,0 Prozent. Hinsichtlich der Füllmaterialien ging die Nachfrage nach Naturhaarfüllungen deutlich zurück. Gleichzeitig stieg das durchschnittliche Preisniveau an. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass für die Verbraucher, die aktuell ihre Kaufentscheidung zu Gunsten einer Steppdecke oder eines Kissens mit Naturhaarfüllung treffen, Qualität Vorrang vor dem Preis hat, d.h. sie kaufen höherpreisige Qualitäten. Im Kissenbereich stieg die Nachfrage nach synthetischen Füllmaterialien im 1. Halbjahr zwar deutlich an, allerdings leider zu Lasten des durchschnittlichen Preisniveaus.

Nach einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young im deutschen Mittelstand rechnet derzeit ein Drittel der Unternehmen damit, dass sich die Wirtschaftslage in den kommenden sechs Monaten verbessern wird. Zu Jahresbeginnen hatten sich nur vier Prozent derart positiv geäußert. Gleichzeitig sank der Anteil der Pessimisten. Während zu Jahresbeginn noch 82 Prozent mit einer Verschlechterung gerechnet hatten, sind es nun nur noch 27 Prozent. Die jüngst veröffentlichte positive Zahl von 0,3 Prozent zur Entwicklung des BIP im 2. Quartal gegenüber dem BIP im 1. Quartal wird auf Politik- und Wirtschaftsebene z.Z. intensiv und konträr diskutiert. Insbesondere Politiker sprechen gar von einem Ende der Rezession. Wirtschaftsforscher und andere Wirtschaftsexperten drücken sich tendenziell vorsichtiger bezüglich der Wirtschaftsentwicklung für die 2. Jahreshälfte aus.

Auch die Unternehmen selbst - zumindest die der deutschen Heimtextilien-Industrie - bleiben zurückhaltend und blicken sogar eher mit Skepsis und Sorgen auf die Zeit nach den Wahlen. Es besteht generell eine große Unsicherheit hinsichtlich der Entwicklung in den kommenden Monaten. Planung ist den Unternehmen derzeit kaum möglich; einige planen "rollierend". Niemand weiß z.Z. konkret, wie sich die Arbeitslosenzahlen entwickeln werden. Ein deutlicher Anstieg ist sehr wahrscheinlich und wird dann auch auf den Konsum drücken. Auch für den Absatz heimtextiler Produkte wäre dies eher schlecht. Positive Signale kommen erfreulicherweise von einigen wichtigen Auslandsmärkten. In den Ländern der Euro-Zone, aber auch in den USA, China und Japan springt die Wirtschaft wieder an bzw. festigen sich die Zeichen für eine Konjunkturerholung. Umfangreiche staatliche Konjunkturprogramme wirken vielerorts. Dieser Trend lässt hoffen, dass auch das Exportgeschäft der deutschen Heimtextilien-Industrie bald wieder besser läuft.

Die Maßnahmen der Konjunkturpakete haben sich bisher noch nicht in den Zahlen der Heimtextilien-Industrie widergespiegelt. Es waren in erster Linie Handwerk und Handel, die hiervon profitierten. Lager wurden abgebaut; insbesondere beim Großhandel, hinsichtlich der Nachbestellungen waren die Abnehmer dagegen verhalten. Und wenn, dann wurden vielerorts in kurzen Zyklen kleine Losgrößen abgerufen. Im schlimmsten Fall gar zu vorher auf größeren Mengen basierenden und vereinbarten Preisen. Das Objektgeschäft korreliert mit den Investitionen und der Bauaktivität. Hier rechnet man erst im Verlauf des Jahres 2010 mit einer Ankurbelung. Viele Unternehmen sind solide aufgestellt. Anpassungsprozesse auf den Märkten und in den Unternehmen sind jedoch unvermeidbar.
aus Haustex 11/09 (Haustextilien)