25 Jahre Parador
"Der Markt wartet darauf, dass man ihn gestaltet"
Auf die große Wirtschaftswende will Parador nicht warten. 150 Mio. EUR sind das Umsatzziel 2002. Die Devise lautet: Alle Kraft in die Marke stecken und zwei Vertriebsformen fahren. Zum 25jährigen Jubiläum hatte das Unternehmen eine Reihe von Rednern geladen, die diese Maßnahmen stützen. Anschließend wurde gefeiert. Fast 1.000 Gäste ließen sich vom Zirkus Roncalli mitreißen.
Parador hält eisern Kurs. Statt in wirtschaftlich schwachen Zeiten ängstliche Durchhalteparolen auszugeben, will das Unternehmen den Markt aktiv gestalten. Das erklärte Ziel ist der Endverbraucher. Keine kostspieligen Messeauftritte, keine Scheu vor der Baumarkt-Schiene - alle Ressourcen fließen in den Aufbau der Marke. Geschäftsführer Volkmar Halbe: "Marken müssen Bestandteil der Kultur sein. Wo das Produkt war, ist jetzt Kommunikation."
Eine erfolgreich geführte Marke schafft Identifikation, kreiert eine Erlebniswelt, wo der Verbraucher seine Lebensbilder wiedererkennt. "Wer die Träume der Menschen kennt, kennt ihre Bedürfnisse" - nach dieser Devise will Parador den Kontakt des Publikums zu seinem Produkt erreichen. Steter Wandel, ständige Suche nach neuen Wegen gehören dazu. "Parador wird auch in Zukunft neue Angebote entwickeln", verspricht Volkmar Halbe. Zwei stehen bereits auf der Startrampe: ein Wand-Klick-System auf Holzträger, das Tapeten Konkurrenz machen soll und, zur Sortimentserweiterung am Boden, eine massive Diele.
"Dorthin gehen, wo die Kunden sind"
Markenkraft plus Handelsmacht ergibt gebündelte Marktstärke - diese Botschaft möchte Parador seinen Partnern vermitteln. Weil damit auch der Heimwerkermarkt gemeint ist, regt sich im Fachhandel Unmut. Parador, dessen Vertrieb derzeit zu 70 % auf der Fachhandels- und zu 30 % auf der DIY-Schiene läuft, glaubt jedoch, auf das Baumarktgeschäft nicht verzichten zu können. Gastreferent Klaus Wührl, Geschäftsführer Marketing und Vertrieb bei Kärcher (Hochdruckreiniger), bestätigt aus eigener Firmensicht diese Marschroute: "Wir müssen dorthin gehen, wo die Kunden sind. Neben dem Fachhandelsnetz waren das für uns in den 90er Jahren die Baumärkte."
Helge Bauer, Geschäftsführer der Deutschen Heimwerkerakademie (DHA), registriert heute allerdings eine schlechte Wahrnehmung der DIY-Branche in der Öffentlichkeit: "Heimwerker werden als alt und unmodern, laienhaft und Billigjäger betrachtet. Außerdem ist, wie ein WISO-Test vom April 2002 zeigt, die Beratungsleistung der Baumärkte zu 90 % schlecht."
Gewaltig sei aber das Konsumenten-Potential von bundesweit 12 Mio. passionierten und weiteren 30 Mio. pragmatischen Heimwerkern. Mit intelligenten Lösungen könne man ihre Kaufkraft locken.
Marke ist mehr als reine Funktion
Je weniger der Kunde das Produkt in Beziehung zu sich setzt, desto stärker zählt für ihn der Preis. Eine Markenstrategie will das Gegenteil erreichen. Das Produkt soll nicht in seiner reinen Funktion dargeboten werden, sondern über Qualität und Namen eine positive Emotion im Käufer auslösen. Das hilft, dem Preiskampf zu entkommen.
Dazu gehört eine Kooperation von Hersteller und Handel. Gemeinsame Marktbearbeitung, Anfragenbearbeitung über den Handel, Verlinkung von Internetseiten, betriebswirtschaftliche Beratungsangebote für Handelspartner, permanente Qualifizierung von Vertrieb und Verkauf - so macht man es bei Kärcher. Dort ist der DIY-Anteil auf 60 % gewachsen - und steigt weiter.
Parador-Vertriebsleiter Michael Becker beeilt sich, seine Fachhandelskundschaft zu besänftigen: "Einen Königsweg der Vertriebsformen gibt es nicht. Wir haben eine hohe Übereinstimmung mit den Ansätzen des Fachhandels. Aber für unterschiedliche Kundengruppen brauchen wir unterschiedliche Vertriebswege."
Kampf der Baumärkte:Chance für den Fachhandel
John Herbert, Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Heimwerker-, Bau- und Gartenfachmärkte (BHB), prognostiziert keine rosigen Zeiten für seine Branche. Im Zuge einer Marktbereinigung würden die rund 30 in Deutschland aktiven Baumarktketten europaweit auf 5 bis 6 große Ketten schrumpfen. Das, so Herbert, könne auch den Umsatzanteil des Fachhandels wieder steigen lassen. Dem tiefen Sortiment, der qualifizierten Beratung und dem hochqualitativen Service im Fachhandel nämlich könne die DIY-Branche nicht folgen.
Bis dieser Umkehrtrend eingetreten ist, werden aber auch nach John Herberts Ansicht noch eine Reihe von Mittelständler im Handel auf der Strecke bleiben. Derzeit fehle in Deutschland die positive Stimmung. Herbert: "Ein Fachhandel muss kompetent und leidenschaftlich geführt werden."
Liegt die Zukunft im Fachbaumarkt?
Holzfachhandel oder Baumarkt-Fachhandel - trennende Strukturen könnten in Zukunft verwischen. Parador will sich alle Optionen offen halten. Michael Becker: "Eine Marke kann nur erfolgreich sein, wenn ihre Verfügbarkeit vor Ort gesichert ist. Deshalb müssen wir auch über die Fläche gehen." Zum Beispiel mit dem Laminatboden Click-Plus.
Solange die Einkaufskonditionen des Fachhandels nahe an denen der Baumärkte liegen, mag die Rechnung aufgehen. Aber auch kritische Stimmen sind zu vernehmen. John Herbert: "Parador gehört nicht in jeden Baumarkt. Spezialisierte Unternehmen müssen aufpassen, an wen sie liefern." Ein amerikanischer Partner: "Parador sollte einen einzigen Vertriebsweg wählen und dort alle Kräfte investieren."
Ob DIY oder Fachhandelsschiene, Parador hat aus Kostengründen eine Trennung der Markenartikel aufgegeben. Das birgt Risiken. Wenn der Fachhandel berät, der Kunde dann im Baumarkt kauft, ist Ärger vorprogrammiert. "Beratungsdiebstahl" nennt Jens Blume, Vorsitzender der Fachgruppe Einzelhandel im Bundesverband Deutscher Holzhandel (BDH), diesen Aspekt und warnt: "Wenn es mit einer Marke wie Parador schwierig wird, könnten Händler auf weiße Ware umsteigen." Andererseits kann Parador, will es flächendeckend präsent sein, auf Baumärkte nicht verzichten. Es gibt "weiße" Zonen in Deutschland, wo kein Holzfachhandel mehr zu finden ist.
Eine entscheidende Rolle spielt die Preisgestaltung. Michael Becker (Parador) gibt Ausreißer zu: "Wir wollen aber stärker auf die Einhaltung unserer unverbindlichen Preisempfehlung achten." Als positiver Aspekt wird ins Feld geführt, die Marke Parador werde durch Baumärkte bekannter. Im höherwertigen Bereich käme das dem Fachhandel zugute. "Handel und Industrie müssen sich am Kunden orientieren, neue Vermarktungsbündnisse schließen und konsequent an einem Strang ziehen".
Grandiose Zirkus-Show
Am Ende verflogen die Sorgen der Fachhandelgäste für einige Stunden in einer großartigen Zirkusdarbietung. Roncalli - Garant für artistische Glanzleistungen und humoristische Lachstürme - war genau die richtige Wahl für die 25-Jahr-Feier von Parador. In der Laminat-Manege brannte ein Feuerwerk ab, in das Geschäftsführer Volkmar Halbe geschickt kleine Unternehmensnachrichten und Grußworte streute. Zugabeforderungen und stehender Applaus waren der Lohn.
aus
Parkett Magazin 05/02
(Wirtschaft)