Haro stärkt den Handel
Erfolgreiche Markenpolitik ist aktueller denn je
Als deutscher Marktführer ist Haro gewohnt, den aufmerksamen Blicken der Branche ausgesetzt zu sein. In den letzten Jahre waren die Reaktionen auf Investitionen und Innovationen, Standpunkte und Strategien des Unternehmens besonders intensiv. Dabei blieb es nicht immer beim jeweiligen Thema - "Haro" selbst war "das Thema". Das ParkettMagazin führte ein Gespräch mit den beiden Geschäftsführern Peter Hamberger und Dr. Peter M. Hamberger, sowie Vertriebsleiter Herbert Sinnesbichler und Marketingleiter Robert Fischbacher.
Ob vom Markt herausgefordert oder vom Wettbewerb provoziert: Das Familienunternehmen verfolgt seinen Weg. Was prägt das Unternehmen? Die Eingangsfrage bedarf für Dr. Peter M. Hamberger keiner langen Überlegung: Aus der 137-jährigen Geschichte des Unternehmens und der Achtung vor dem Lebenswerk von vier Generationen resultiere ein "im positiven Sinne konservatives" Selbstverständnis. Unternehmergeist und Schaffenskraft in der Familie seien stets darauf gerichtet gewesen, "zu wahren und zu mehren". Angetreten, das Unternehmen in 5. Generation fortzuführen, sieht Dr. Peter M. Hamberger darin "eine Hypothek ebenso wie eine große Herausforderung". Werte zu erhalten, erfordere zumal in heutiger Zeit umsichtiges und vorausschauendes Handeln.
In der Vergangenheit bewies das Unternehmen als Ziegelei, Zündholzfabrik, Parkettwerk und Hersteller von Sanitärprodukten immer erfolgreich seine Anpassungsfähigkeit. Heute - betont Dr. Hamberger - werde es zunehmend schwieriger und auch risikoreicher, die jeweils richtigen Entscheidungen zu treffen: "Eine auf Beständigkeit und Nachhaltigkeit gerichtete Unternehmensführung muss abwägen: Einerseits bedarf es ständiger Innovationen, um für morgen gerüstet zu sein, andererseits muss das Neue finanzierbar und langfristig rentabel sein. Also müssen Ziele sorgfältig und mit Augenmaß quantifiziert werden". Peter Hamberger fasst dies in die Formel: "Die Dinge nicht hochspielen - es bringt nichts". Etwas gebracht haben Beharrlichkeit und kämpferische Zielstrebigkeit, mit denen der junge Firmenchef Peter Hamberger in den 60er Jahren gegen alle Warnungen und Widerstände als erster Hersteller in Deutschland dreischichtiges Fertigparkett produzierte und mit einer konsequenten Marken-Politik am Markt durchsetzte.
"Stete Präsenz, aber ohne Aufdringlichkeit"
Prinzipiell haben die Erfolgsstrategien von damals für den Marktführer von heute ihre Gültigkeit behalten. Ist eine Sache für wichtig und richtig erachtet worden und ist die Entscheidung gefallen, wird so schnell nichts und niemand das Unternehmen von seinem Weg abbringen: "Das ist die Stärke eines Familienunternehmens, dass es dem Kunden ein solides, zuverlässiges Produkt und seinen Mitarbeitern den Erfolg schuldet, aber sonst niemandem Rechenschaft schuldig ist", unterstreicht Peter Hamberger.
Eine solche Zurückhaltung - teils unbewusst, teils durchaus bewusst - ist heute selten geworden - zumal bei Unternehmen, die wegen ihrer Größe und Bedeutung zwangsläufig an vorderster Front stehen. Zwar betreibt Haro jetzt im dritten Jahr Endverbraucherwerbung im großen Stil (der Beginn des Markenaufbaus war bereits Mitte der 80er Jahre), auch das Internet als Kommunikationsplattform gewinnt laufend an Bedeutung, aber darüber hinaus - betont Peter Hamberger - "gehören wir nicht zu denen, die nach Öffentlichkeit drängen".
Ob er sich eine Werbung vorstellen könne, bei der er sich persönlich einbringe, um Haro als familiengeführtes Unternehmen zu verdeutlichen - etwa nach dem Beispiel von Darboven, JAB Anstoetz, Würth oder Trigema? Sich in einer derart selbstdarstellerischen Weise zu exponieren, kommt für Peter Hamberger nicht in Frage. Aber als geschäftsführender Gesellschafter eines Familienunternehmens in Produktkatalogen und auf Messen persönlich präsent zu sein, ist eine Selbstverständlichkeit.
Haro drängt sich nicht, lässt sich umgekehrt aber auch nicht drängen. Wie reagiert das Haus auf kritische Veröffentlichungen und auf Provokation, wie werden Probleme, die sich daraus ergeben können, abgefedert oder bewältigt - beispielsweise nach wiederholten kritischen Öko-Test-Veröffentlichungen? Alle Mitglieder der Geschäftsleitung sind sich einig: Informationen werden nicht verweigert, aber nur denen gegeben, die sie benötigen oder ausdrücklich verlangen. Ist das nun Zurückhaltung oder ein Zurückweichen? In der Sache - betont man bei Haro - wäre eine Richtigstellung bzw. Zurückweisung des Öko-Tests durchaus möglich gewesen. Im Endeffekt aber habe sich Zurückhaltung als der bessere Weg erwiesen. Denn: "Die Resonanz auf den Öko-Test-Bericht war äußerst gering". Bestätigung also: Man soll die Dinge nicht hochspielen.
"Parkett für jeden, der sich angesprochen fühlt"
In den letzten Jahren spürt Haro verstärkten Druck. Der Wettbewerb, die Gegebenheiten des Marktes sind härter geworden. Nicht unüblich ist, dass Hersteller diesen Druck weiter geben an Handel und Handwerk. Dazu Peter Hamberger: "Mangelnde Kundenfrequenz ist aktuell ein Faktum, das wir nicht aus der Welt reden können. Also: Aus welchem vernünftigen Grund soll der Händler Ware kaufen? Sicherlich nicht, weil er vom Hersteller dazu gezwungen wird."
Haro setzt zunächst bei sich selber an: Die große Marketing-Offensive, die vor drei Jahren gestartet wurde, geht in erster Linie auf diejenigen zu, die unmittelbar für Nachfrage sorgen: die Endverbraucher. Haro ist präsent in großen Wohn- und Lifestyle-Magazinen, in Bausparer-Zeitschriften und in Hobby- und Heimwerker-Titeln, profiliert sich im Internet und am PoS. Die Resonanz sei gut, wird berichtet, insbesondere aus dem Kreis der Bausparer- und Internetnutzer werden gute Rückläufe "mit steigender Tendenz" verzeichnet.
Welche Kunden spricht Haro an? Dr. Peter M. Hamberger mit klarem Bekenntnis zur "offenen" modernen Industriegesellschaft: "Haro versteht sich als ein großes Industrieunternehmen und Hersteller eines hochveredelten Industrieprodukts. Damit wenden wir uns an alle, die sich angesprochen fühlen, an alle potentiellen Käufer. Wir gebärden uns nicht elitär, sondern bieten allen - ungeachtet ihres sozialen Status - ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis. Die starke Marke Haro und darüber hinaus eine Mehr-Marken-Politik, mit der nach Erfordernis differenziert werden kann, sind unser Mittel, um die Verbraucher zu erreichen. Unser Mittler ist der Händler. Es ist unser Bestreben, jederzeit für ihn da zu sein. Kurz: Wir gehen mit unserem Marketing und unserer Marken-Politik sowie mit einem breiten Produktsortiment und hoher Produktqualität in Vorleistung. Den Händler möchten wir damit überzeugen und mitziehen. Das gilt insbesondere auch für die Schlüsselfigur, den Verkäufer. Aber wir wollen keinen Druck ausüben. Unser Ziel ist die freiheitlich begründete und ausgestaltete Partnerschaft".
Eingeräumt wird, dass auch eine solche Partnerschaft nicht völlig ohne "Rahmen" und Anreize auskommt. Um die angestrebte "Stärkung des Händlerprofils" zu bewirken, gibt es beispielsweise ein Konditionssystem nach Leistungskomponenten. An einem weitergehenden Konzept zur Konzentration werde gearbeitet, berichtet Vertriebsleiter Herbert Sinnesbichler. Es zielt auf die Stärkung der Marke Haro und des Haro-Händler-Netzes. Aber auch Händlermarken gewinnen an Bedeutung. Hamberger bietet dafür - objekt- oder mengenabhängig - Sonderanfertigungen nach Wunsch und will dieses Angebot auch in den Export hinein erweitern.
Wo gibt es sonst noch Räume, in die Haro in einem gesättigten Markt hineinstoßen könnte? Dass der Möbelhandel vielfach als zukunftsfähiger Anlaufpunkt für Parkettkäufer gesehen wird, überzeugt Herbert Sinnesbichler nicht. Über das Gesamtthema "Einrichten" sei zwar ein Zusammenhang herzustellen, der aber vom Verkäufer in der Regel nicht mitvollzogen werde.
Lässt das österreichische Beispiel, wo Einrichtungshäuser vielfach zugleich als Parkettfachhandel fungieren, auch für Deutschland hoffen? Die Antwort wirkt wie Kommentar: "In Österreich ist Haro bereits in zwei namhaften Möbelhäusern vertreten. Allerdings ist die Kundenstruktur, was z.B. den Holzhandel betrifft, in Österreich anders als in Deutschland."
Sparpotentiale werden konsequent ausgeschöpft
Der Export hat sich zu einem starken Standbein bei Haro entwickelt. Verstärkt durch die aktuelle Dollarschwäche, "schmelzen die Preise auch hier". Aus Gründen der Preisdifferenzierung ist die Produktpalette stärker aufgefächert worden, z.B. nach Decklagenstärke oder Verbindungssystem. Die doppelte Klick-Verbindung - unterstreicht Haro - sei eine "absolute Erfolgsstory". Nur die Notwendigkeit der Preisdifferenzierung halte den Klick-Anteil bei Fertigparkett bei 70 %, um mit 30 % Nut/Feder-Parkett preisaggressiv vorgehen zu können. "Der Anteil der Ware, der an die Preiskampffront geschickt wird, wird leider immer mehr", bedauert man im Hause Hamberger.
Auch "Abschmelzungen" sind in Anbetracht der aktuellen Marktsituation kein Tabu-Thema. Die Ausschöpfung aller Rationalisierungsmöglichkeiten gehört ebenso dazu wie das Alternativangebot einer EN-gerechten Decklage von 2,5 mm Dicke. "Überall, wo es noch möglich ist, müssen Sparpotentiale genutzt werden", heißt die Devise. "Nur einen generellen Qualitätsabbau lassen wir nicht zu", betont Peter Hamberger. Er verweist dazu auf ein differenziertes Angebot an Decklagendicken, auf eine neue Oberflächenbehandlung mit absolut natürlicher Optik, auf die Soft-Kante bei Permadur-Versiegelung und Sortimentsergänzungen in allen Bereichen. Ende August sind die Vorbereitungen für das neue Sortiment 2004 abgeschlossen.
Möglichst bis zum Jahresende 2003 möchte man in Rosenheim auch hinsichtlich zertifizierter Produkte am Ziel sein. Nach welchem System - FSC oder PEFC - zertifiziert werden wird, gilt im Hause als prinzipiell unerheblich. Wünschenswert wäre, dass sich beide Systeme inhaltlich annähern und gegenseitig anerkennen, meint Peter Hamberger - also auch hier gegen einen harten Konfrontationskurs, der "die Dinge hochspielt und nichts bringt".
Für die zweite Jahreshälfte des laufenden Geschäftsjahr hofft die Hamberger-Mannschaft auf eine spürbare Belebung des Geschäfts, das sich in den ersten sechs Monaten "mit mengenmäßigen Zuwächsen im zweistelligen und wertmäßigen Zuwächsen im einstelligen Bereich vergleichsweise gut angelassen" habe. Eingestellt habe sich das Unternehmen jedoch auf "zwölf schwere Monate". Anknüpfend an "Umsicht und Augenmaß", die Dr. Peter Hamberger am Anfang des Gesprächs als unerlässlich für den Unternehmenserfolg bezeichnete, unterstreicht er, dass sich die Hamberger Industriewerke kontinuierlich weiter entwickelt haben - aktuell mit einer zweiten Produktionsstätte für den Sanitärbereich in Bulgarien -, dass sie jedoch "keine riskanten Neuinvestitionen getätigt oder sich an Zukäufen verhoben hätten". Das Unternehmen sei solide fundiert und leistungsfähig, es sei konservativ, zugleich aber "von Anfang an und von Grund auf innovativ".
aus
Parkett Magazin 04/03
(Wirtschaft)