1. Hamburger Parkett-Gespräch
Aus Liebe zum Parkett gemeinsam für die Branche
Zwei führende Holzhändler, zwei Top-Vertreter des Handwerks, acht Premium-Hersteller - es war eine illustre Runde, die sich auf Einladung des SN-Verlags und des ParkettMagazins zusammengefunden hatte, um über eins der wunderbarsten Produkte überhaupt zu sprechen: Parkett. Es ist alles andere als gewöhnlich, dass die komplette Parkettbranche an einem Tisch zusammenkommt. Doch wenn das ParkettMagazin zum "1. Hamburger Parkett-Gespräch" einlädt, dann tut sie es gern. Und der feine Anglo German Club bot im Mai genau das richtige Umfeld für Diskussionen auf hohem Niveau. Eins war von Anfang an klar: Alle lieben Parkett.Ausgehend von der Frage, was man, also die Branche, tun könne, um das Produkt Parkett zur Marke Parkett zu machen, die Wertigkeit dieses Bodenbelags zu erhöhen, die Emotionalität von Parkett in den Vordergrund zu rücken, und so den Markt zu stärken, ging es im versammelten Gremium erst einmal darum, die Marktsituation überhaupt zu klären. Grundsätzlich ist die Stimmung bei den Herstellern zwar gut und lässt sich als verhalten optimistisch bezeichnen, aber es gibt noch viel Potenzial, das Parkett im Markt ausschöpfen könnte. Peter Hamberger von Hamberger Flooring ist denn auch nicht zufrieden mit dem Anteil, den Parkett im Bodenbelagsmarkt einnimmt. Seit 15 Jahren liege der in Deutschland bei 5 %, etwas mehr in Österreich und der Schweiz, aber das müsse sich doch verbessern lassen, auch jenseits der gut zu verkaufenden Landhausdiele.
Landhausdielen sind anscheinend der große Umsatzbringer im Parkettmarkt, das berichten auch Bernhard ter Hürne (ter Hürne) und die beiden Vertreter des Holzhandels in der Runde, Birgitt Witter-Wirsam und Ralf Ax, die sich mit den Parkettumsätzen in ihren Handelshäusern zufrieden zeigen. "Wir haben gutes Wachstum", meint Ax. Ja, es stimme zwar, dass die Landhausdiele gut laufe, auch bei Meister Werke Schulte, stimmt Johannes Schulte ein, doch der Preis stimme nicht, und der Markt sei äußerst schwierig, denn man habe die Parkettpreise auf Laminatniveau gedrückt. Guido Müller (Boen) stößt selbstkritisch ins gleiche Horn. "In den letzten zehn, fünfzehn Jahren sind neue Parkettproduzenten dazugekommen, die den Zugang zum Markt enger gemacht haben. Wir haben überall Überkapazitäten aufgebaut."
Überkapazitäten seien tatsächlich ein Faktor, findet auch Volkmar Halbe (Parador), aber dafür "besticht Parkett immer mehr durch Vielfalt", da habe sich viel getan in den letzten Jahren.
Noch nicht genug, meint Ralf Ax, denn sein Wunsch an die Industrie wäre, noch mehr Farben, noch mehr Oberflächen möglich zu machen, nicht unbedingt für den Standardkunden, sondern für eine Klientel, die immer stärker Individualisierung fordert, und bereit ist, die Qualität auch zu bezahlen. Das ist das Stichwort für Ansgar Igelbrink, denn Bauwerk richtet sich an genau diese Klientel. Der Schweizer Hersteller schafft seine Marke Parkett ganz bewusst und betont deren Werte. Robert Bieger von Kährs ergänzt, dass der Markt, trotz zuweilen schwieriger Preise eben doch noch immer qualitätsorientiert sei.
Werte, Wertigkeit, Qualität, nicht zuletzt Emotionalität sind die Schlagworte in der Diskussion. Doch auch das immer wichtiger werdende Thema der Nachhaltigkeit bleibt nicht ungenannt. Michael Schmid, der zwei Tage nach dem Hamburger Parkett-Gespräch neuer Vorsitzender des VDP wurde, nimmt die Hersteller da in die Pflicht, denn dass Parkett eines der nachhaltigsten Produkte überhaupt ist, sei beim Kunden wenig bekannt, der wisse gar nicht, wie gut das Parkett bei Wohngesundheit und Umweltaspekten abschneidet. Da könnte die Industrie noch einiges an Imagearbeit nachholen. Denn, wie Bernhard ter Hürne knapp meint: "Nachhaltigkeit ist sexy!"
Eben. Parkett ist eine Sache der Lust. "Das ist doch der einzige Grund, warum ein Kunde sich für Parkett entscheidet: Es ist ein emotionales Material", sagt Guido Müller.
Und Parkett hat ein tolles Image, es gibt immer mehr Kunden, die stolz sind auf ihre hochwertigen Böden, die sagen, dass sie sich das wirklich leisten wollen, weil sie den Wert erkennen. Bei der Emotion, meint Bernhard ter Hürne, liege ganz eindeutig die Zukunft des Holzes. Diesen Lustfaktor Parkett müsse man noch viel mehr betonen.
Und die Qualität muss stimmen. Das verlegende Handwerk ist "gerade im Hochwertbereich von wesentlicher Bedeutung", betont Volkmar Halbe, und rennt damit bei Bundesinnungsmeister des ZVPF Joachim Barth und seinem Stellvertreter Peter Fendt offene Türen ein. "Wir Handwerksbetriebe drohen in einer Nische zu verschwinden", orakelt Barth, will aber nicht schwarz sehen: "Noch haben wir die Fachleute, die es können. Wir müssen aber auch deutlich machen, dass unsere Handwerksqualität ihren Preis hat." Meint auch Peter Fendt: "Wir Handwerker brauchen Stolz."
Stolz, Werte, Emotion - das Gremium ist sich einig, dass der Lustfaktor Parkett betont werden muss, betont werden kann. Das ist der gemeinsame Nenner von Hersteller, Handel und Handwerk.
Zweifellos eint alle Anwesenden die Liebe zum Parkett, diesem wunderbaren Material, und alle haben das gemeinsame Interesse daran, den Marktanteil von Parkett zu stärken. Dass dieses Interesse auch gemeinsam von allen Branchenteilnehmern verfolgt werden wird, dazu hat das 1. Hamburger Parkett-Gespräch einen wichtigen Grundstein gelegt.
Das 1. Hamburger Parkettgespräch führten ParkettMagazin Chefredakteur Peter Mau, ParkettMagazin Redakteurin Daniela Karpinski und ParkettMagazin Herausgeber Michael Steinert.
Kommentar von Daniela Karpinski
Eine Branche, drei Blickwinkel
So sehr sich alle Teilnehmer im Gremium auch einig sind, dass Parkett ein wunderbares Material ist, ein großartiges Produkt, eine Sache der Emotion, so uneins sind sie dann doch in den Details, zu unvereinbar sind Positionen und Interessen. Die Industrie pocht auf die Strahlkraft ihrer Marken und ihr Image, der Handel hält Marken im Verkauf für austauschbar und eher lästig, das Handwerk kämpft mit unüberschaubarer Produktvielfalt und ringt um die Qualität seiner Arbeit. So sprechen die drei Gruppen weniger miteinander als aneinander vorbei. Gibt es ein gemeinsames Interesse daran, die Marke Parkett zu stärken? Aber ja! Gibt es auch ein Interesse daran, die Marke Parkett gemeinsam zu stärken? Das dann doch nicht so.
Wenn zwei Spitzen-Handwerker bei den Herstellern Produktqualität und ein besseres Reklamationsmanagement anmahnen, dann regt sich die Industrie schon mal auf und keilt zurück; ist ja verständlich, denn wer möchte schon gern hören, seine Ware sei nicht zweifelsfrei von bester Güte? Und da vergreift sich im Gegenzug dann auch der feine Premium-Hersteller mal etwas ruppiger im Ton.
Wenn sich zwei Holzhändler dafür entscheiden, in ihren Verkaufsaustellungen auf Markenpräsentation zu verzichten, weil Kunden von der Angebotsfülle schnell überfordert sind, die Produkte eh alle ähnlich und ohne Namen nicht unterscheidbar sind, oder weil ein Händler auch nun wirklich kein Interesse daran haben kann, Internet-Bestellern eine kostenfreie Produktauswahl samt Beratung zur Verfügung zu stellen - dann ist auch das zu verstehen. Doch das kann einen markenstolzen Hersteller nicht glücklich machen.
Wenn diese Hersteller wiederum mit ihren Bemühungen, ihre Produkte höchstwertig zu etablieren, keine Anerkennung finden, stattdessen auf den Spott stoßen, es gäbe nun mal keine Marken, die dem gewöhnlichen Kunden da draußen zum Thema Parkett einfielen, dann ist so etwas vielleicht begründet, aber sicher nicht hilfreich. Gewaltigen Marketingaufwand zu betreiben und dann, wenn nur der Produktname wegfiele, trotzdem nichts Besonderes zu sein, das ist schmerzhaft.
Handel, Hersteller und Handwerk haben alle auf ihre Weise recht, jedes ihrer Argumente kann man verstehen. Deswegen ist es gut, dass sie an einem Tisch zusammenkommen. Es wäre aber auch gut, wenn sie einander dabei zuhörten, denn die Branche braucht die Kraft aller Teilnehmer, also starke Marken, engagierte Händler, stolzes Handwerk. Wollen die nicht aus ihrer Haut, oder können sie es nur noch nicht?
aus
Parkett Magazin 04/11
(Wirtschaft)