Hauptverband Farbe Gestaltung Bautenschutz: Interview mit Präsident Karl August Siepelmeyer

"Der Maler braucht den speziellen Zulieferer"

Der Hauptverband Farbe Gestaltung Bautenschutz vertritt die Interessen von weit über 42.000 Malerbetrieben und repräsentiert damit einen gewaltigen Wirtschaftsfaktor. Längst sind die Maler über ihre Kernkompetenz Farbe und Bodenbelag hinausgewachsen, engagieren sich auf anderen Arbeitsfeldern wie der Wärmedämmung oder Bodenbelagsarbeiten. Verbandspräsident Karl-August Siepelmeyer weiß als aktiver Malermeister und Unternehmer, was den Berufsstand bewegt und wie er im täglichen Geschäft agiert. BTH Heimtex-Chefredakteur Claudia Weidt sprach mit ihm über die aktuelle Marktsituation, die Bedeutung des Großhandels für den Maler und das bevorstehende Großereignis der Branche, die "Farbe - Ausbau und Fassade 2010" in München.

BTH Heimtex: Herr Siepelmeyer, das schwierige Jahr 2009 liegt hinter uns. Wie ist es Ihrem Berufsstand ergangen ? Eigentlich hätten die Maler vom Konjunkturpaket der Bundesregierung besonders profitieren müssen...

Karl August Siepelmeyer: Leider nicht. Die Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket sind nur schleppend in der Branche angekommen. Der Anteil der Aufträge der öffentlichen Hand ist im Vergleich zum Vorjahr nur von 9,8 auf 11 % gestiegen.

Insgesamt hat sich 2009 in der Branche nach einem schwierigen Jahresbeginn - mit witterungsbedingten Ausfällen und den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise - im weiteren Verlauf eine Stabilisierung eingestellt. So gingen Umsatz und Beschäftigung im ersten Quartal um 5 % zurück, im dritten haben sie dann wieder das Vorjahresniveau erreicht. Für das Gesamtjahr gehen wir von einem leichten Umsatzminus von -1,5 % aus.

BTH Heimtex: Positiv für den Maler dürfte sich aber auswirken, dass er längst über sein originäres Arbeitsfeld hinausgewachsen und zum Allrounder avanciert ist.

Siepelmeyer: Die Anforderungen an den Maler und sein Aufgabengebiet haben sich in den letzten Jahren enorm verändert und erweitert. Mein Vater würde vieles von dem, was ich heute mache, gar nicht kennen. Wir werden mit immer wieder neuen Werkstoffen und Arbeitsmethoden konfrontiert, neuen Einsatzgebieten und - nicht zu vergessen - auch neuen Bauvorschriften. Wir befassen uns heute mit vielem, was früher gar nicht dem Malerhandwerk zugerechnet worden ist. Fassadenarbeiten, Dämmarbeiten und Innenraumgestaltung gehören heute zu unserem alltäglichen Geschäft.

BTH Heimtex: Immer wieder wird der Maler als neue Zielgruppe mit Potenzial für die Bodenbelagsbranche beschworen. Dabei kursieren unterschiedliche Zahlen darüber, wie weit er tatsächlich bereits in dieses Geschäftsfeld involviert ist und wie die Perspektiven aussehen. Können Sie uns Aufschluss darüber geben ?

Siepelmeyer: Der Anteil der Bodenbelagsarbeiten beim Maler nimmt stetig zu. Immer mehr Betriebe bieten Komplettleistungen zur Innenraumgestaltung an. Wir denken dass ca. 30 % des Gesamtumsatzes bei Bodenbelägen vom Malerhandwerk ausgeführt werden. Oder andersherum gesagt: Nach den Erhebungen unseres Verbandes entfielen 2007 3,9% vom Umsatz auf das Arbeitsfeld Bodenbelagsarbeiten. Das klingt wenig, sind aber grob gerechnet deutlich über 450 Mio. EUR.

BTH Heimtex: In der Regel konzentriert sich der Maler doch auf die Verlegung von Teppichboden und CV-Belägen - oder hat sich das geändert ?

Siepelmeyer: Nein, der Schwerpunkt liegt immer noch klar auf diesen Produkten.

BTH Heimtex: Das heißt, der Objektbereich ist kein Thema für den Maler ? Würde sich das nicht anbieten: Fassade, Wand, Boden - alles aus einer Hand ?

Siepelmeyer: Alles aus einer Hand ja - aber mit dem Schwerpunkt beim Privatkunden; im Objekt ist dies nur für wenige Großbetriebe umsetzbar. Unsere Domäne, also die des normalen Malerbetriebes, ist mehr das klassische Coupongeschäft. Und das wickeln wir Maler gerne über den Großhandel ab, mit seinen Kollektionen. Lieber als mit irgendwelchen Themenkollektionen. Ich bin sicher, dass 90 %
der bodenlegenden Maler das so handhaben.

BTH Heimtex: Warum ?

Siepelmeyer: Weil wir viele Großhändler haben, weil wir gute Großhändler haben und weil deren Kollektionen einen guten Querschnitt darstellen. Das ist genau das, was wir Maler brauchen.

BTH Heimtex: Also der Maler möchte konsumige Kollektionen, leicht verkäuflich, mehrheitsfähig und möglichst billig ?

Siepelmeyer: Nein, nein - nicht billig. Aber die Ware muss verfügbar sein, muss lieferfähig sein. Und das auch noch schnell. Das ist für uns wichtig. Wobei die Frage ist: Wohin entwickelt sich der Großhandel ? Welche Funktionen wird er künftig wahrnehmen ?

Ich will Ihnen ein Beispiel sagen: Wenn ich heute Tapeten bei einem Großhändler bestelle, kommen sie am nächsten Tag mit der Post oder UPS an. Und zwar direkt von Rasch oder A.S. Création oder P + S oder der Marburger Tapetenfabrik. Was also hindert mich daran, direkt dort zu bestellen ? Wo führt das hin, wenn das so weiter geht ?

Genau das Gleiche passiert, wenn ich ein Werkzeug von Storch brauche. Das habe ich genauso am nächsten Tag mit der Post bei mir zu Hause. Berechnet wird es dann über den Großhandel, zu den Konditionen, die einmal festgelegt worden sind. Welche Funktion hat da noch der Großhandel ?

Eine Antwort darauf kann ich Ihnen schon selber geben: Der Großhandel sichert mit seinem umfassenden Sortiment den Grundbedarf des Malers. Weil er alle normalen Produkte bereit hält, die wir tagtäglich brauchen. Und wenn es das karierte Maiglöckchen sein soll, muss man eben direkt bestellen. Grundsätzlich sind wir Maler aber großhandelstreu.

Ich persönlich bin der Meinung, dass wir den Großhandel brauchen. Und das wir ihn deshalb auch pflegen müssen.

BTH Heimtex: Das klingt wie ein Plädoyer für den dreistufigen Vertrieb... Unterstützen Sie nur unseren klassischen Farbengroßhandel oder wird tatsächlich für die Maler der Baustoff-Großhandel als Lieferant interessanter, der zunehmend in unsere Branche drängt ?

Siepelmeyer: Der Baustoff-Großhandel hat seine Stärken in bestimmten Bereichen bzw. bei bestimmten Produkten, mit denen umgehen kann und die er zu guten Konditionen liefert. Das wiederum kann er, weil er anders rechnet als unser Farben-Großhandel. Er kalkuliert bei den Produkten eine niedrigere Marge, dafür lässt er sich jede Serviceleistung separat bezahlen. So würde ein Baustoff-Großhändler nie 750 ml Lack in Hochweiß im 7,5-Tonner 25 km weit transportieren, ohne sich das vergüten zu lassen...

BTH Heimtex: Ein Mindestmengen-Zuschlag ist in unserer Branche auch schon im Gespräch gewesen. Ich kann mich noch gut an die Diskussion erinnern...Hat sich aber nicht durchsetzen können, weil sich der Großhandel nicht einig werden konnte. Noch mal zurück zu meiner Frage: Wird der Baustoff-Großhandel als Lieferant für Sie interessanter, wenn er sein Sortiment in Richtung Maler ausbaut ? Ist er damit so leistungsfähig wie der Großhandel unserer Branche ?

Siepelmeyer: Der Baustoff-Großhandel hat für das Malerhandwerk insgesamt keine große Bedeutung. Wir wollen zunächst, dass bei unseren Lieferanten Markt herrscht. Konzentrationen auf einige, wenige Marktbeteiligte bergen die Gefahr, dass die Einkaufspreise schneller steigen. Meine Beobachtung ist, dass viele von außen versucht haben, als Händler oder Zulieferer in den Malermarkt einzudringen, dies aber nicht gelungen ist, weil man den Maler nicht versteht. Wir benötigen unsere speziellen Partner über den Großhandel, Genossenschaften und den Direktvertrieb. Breite und Tiefe im Sortiment sind für uns entscheidend. Hier wird sich der Baustoffhandel schwer tun. Weder im Vertrieb, mit dem Außendienst, noch in der Logistik, ist er bisher auf unsere kleinteilige Struktur ausgerichtet.

BTH Heimtex: Also fassen wir noch einmal zusammen, was sich der Maler primär von seinem Lieferanten wünscht: Ein ebenso breites wie tiefes Sortiment, das den Grundbedarf des Malers abdeckt und auf die Marktbedürfnisse zugeschnitten ist. Eine schnelle Lieferfähigkeit bzw. prompte Lagerverfügbarkeit, hohe Lieferzuverlässigkeit und überhaupt einen professionellen Service....

Siepelmeyer: Richtig! Und hiervon möglichst viele am Markt.

BTH Heimtex: Themenwechsel. Das größte Event der Malerbranche steht kurz bevor, die "Farbe - Ausbau und Fassade 2010", die im März München zum zentralen Treffpunkt der Farbenwelt macht. Allgemein leiden sämtliche Messen und Messegesellschaften unter Messemüdigkeit und Sparmaßnahmen bei Ausstellern und Besuchern. Spüren Sie das bei der "Farbe" auch oder kann sie sich diesem negativen Trend entziehen, weil sie nur alle drei Jahre stattfindet ? (Der Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz ist ideeller und fachlicher Träger der "Farbe - Ausbau und Fassade", Anm. d.Redaktion)

Siepelmeyer: Die Bedeutung der "Farbe" für die Branche ist unverändert hoch. Sie ist und bleibt die weltweit bedeutendste Fachmesse im Bereich Farbe und ist alle drei Jahre "der" Branchentreff. Daran hat sich überhaupt nichts geändert. Die Farbenindustrie wird komplett vertreten sein, alle großen Namen, keiner fehlt.

Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass der Stuck-Putz-Bereich etwas stärker vertreten ist.

Für die Maler ist die "Farbe" ein ganz wichtiger Termin. Nur auf dieser Messe können wir Innovationen und neue Techniken im Leistungsvergleich zwischen den Herstellern sehen und einen kompletten Marktüberblick gewinnen. Sogar der Großhandel nutzt die "Farbe" gezielt, lädt ganze Kundengruppe nach München ein und verbindet den Messebesuch mit einem zusätzlichen Rahmenprogramm. Und der Maler schätzt auch den menschlichen Kontakt auf der Messe, den Austausch untereinander.

Hauptverband Farbe Gestaltung Bautenschutz



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Tel: 069-665 75 300
Fax: 069-665 75 350
www.farbe.de
hauptverband@farbe.de

Bundesinnungsverband des deutschen Maler- und Lackiererhandwerks
17 Landesinnungsverbände des Maler- und Lackiererhandwerks
379 Maler- und Lackierer-Innungen
42.112 Maler- und Lackierer-Betriebe

Präsident: MLM Karl-August Siepelmeyer

Hauptgeschäftsführer: RA Werner Loch

Der Hauptverband Farbe, Gestaltung, Bautenschutz gehört unter anderem dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und dem Internationalen Maler-
verband (UNIEP) an.
aus BTH Heimtex 01/10 (Wirtschaft)